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die in der

Me d i z i n

verwendeten

künstlichen Corticoide, etwa Prednisolon oder Cortison,

zunutze. Sie sind von den Glucocorticoiden abgeleitet und

werden als Medikamente verabreicht. Glucocorticoide wie

Cortison sind die amweitesten verbreiteten Entzündungshem-

mer. Sie werden bei zahlreichen Erkrankungen wie Allergien,

Asthma, Rheuma, Multipler Sklerose bis hin zu einigen Krebs-

arten gegeben. Mit Erfolg: Die Entzündungen gehenmeist sehr

schnell zurück. Aber sie haben auch drastische Nebenwirkun-

gen: Gewichtszunahme, Knochen- und Muskelschwund und

sogar Diabetes.

Das Dilemma hierbei ist, dass der Rezeptor zwar wie er-

wünscht Entzündungsgene deaktiviert, gleichzeitig aber auch

an anderen DNA-Sequenzen ansetzt und dabei Stoffwechsel-

gene aktiviert, die zu den unerwünschten Nebenwirkungen

führen. Das Stresshormon wirkt auf das Gehirn: Es kommen

schlechte Zeiten! Du musst Vorräte anfuttern. Der Patient,

die Patientin nimmt zu. Cortison kann sogar regelrecht den

Stoffwechsel umprogrammieren und Diabetes auslösen.

Etwa ein Prozent der westlichen Bevölkerung nimmt regelmä-

ßig diese Art von künstlichen Hormonen ein. Ziel wäre, sichere

Entzündungshemmer ohne Nebenwirkungen zu entwickeln.

Mit meiner Arbeitgruppe »Molekulare Endokrinologie« am

Institut für Diabetes und Krebs (IDC) des Helmholtz Zentrums

München

versuche ich, diese Zusammenhänge weiter

zu entschlüsseln. Zum Beispiel bin ich davon überzeugt, dass

die innere Uhr unserer körpereigenen Hormonausschüttung

bei der Einnahme von Medikamenten oder der Planung von

Therapien berücksichtigt werden muss.

Jeder von uns steht täglich unter dem Einfluss von Hormo-

nen. Bis heute wissen wir nicht, wie ein und derselbe Rezeptor

innerhalb ein und derselben Zelle durch Bindung derselben

Proteine oder ›Partnerk und desselben Hormons einige Gene

gezielt aus- und andere anschaltet. Diese Zusammenhänge zu

erforschen, ist ungeheuer faszinierend.

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Vom An- und Abschalten der Gene

Illustration: Tobi Frank

Professorin Dr. Nina Henriette Uhlenhaut erforscht Stoffwechsel-

Biochemie und -Genetik am Genzentrum der Ludwig-Maximilians-

Universität (LMU) und sie leitet eine Arbeitsgruppe am Helmholtz

Zentrum München. Seit 2017 ist sie Teilprojektleiterin in einem

DFG-geförderten Transregio und in einem Sonderforschungsbereich.

2014 erhielt sie einen ERC Starting Grant und leitete 2013–2018

eine DFG-geförderte Emmy Noether-Nachwuchsgruppe. Im Mai 2019

wurde sie für ihre Arbeiten im Bereich der experimentellen Endokri-

nologie mit dem Heinz Maier-Leibnitz-Preis, der wichtigsten Auszeich-

nung für den wissenschaftlichen Nachwuchs in Deutschland,

ausgezeichnet.

Kurz und knackig bringen

uns in der neuen Rubrik

Science Slam Forschende

ihr jeweiliges Fachgebiet

näher.

Die graphische Umsetzung

stammt von Tobi Frank,

der an der Akademie der

Bildenden Künste in

Nürnberg Grafik-Design

studiert.