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Aviso Einkehr

Eine Traditionsgaststätte vor

dem Panorama der Benediktenwand

i1766 hat Lorenz Steingruber die Schankgerechtigkeit auf die-

ser Hofstatt erlangt, sodass er nun Wirt zu Wackersberg ist,

wo vorher keiner warl. Seitdem gibt es an der Dorfstraße in

Wackersberg ein Gasthaus, den Altwirt.

In dem Dorf im Süden von Bad Tölz hält man etwas auf Tradi-

tion. Wackersberg ist eine der Hochburgen der Gebirgsschüt-

zen, die hier unabhängig weiter bestanden, als 1869 die anderen

Kompanien in die Bayerische Armee überführt wurden. Die

Wackersberger legenWert darauf, dass ihre Gebirgsschützen als

iAntlaßschützenl bezeichnet werden; denn sie sind christlich

geprägt. In gefährlichen Zeiten– seit demDreißigjährigenKrieg

– unterstützte die Bürgerwehr die Geistlichkeit. Sie schützte

die Priester bei der Ausübung ihrer religiösen Pflichten, zum

Beispiel auf demWeg zur letzten Ölung in ein abgelegenes Ge-

höft. Ihren großen Aufzug hat die Kompanie bis heute amFron-

leichnamstag, denman hier immer noch den iAntlaßtagl nennt.

Die Aufstellung zur Fronleichnamsprozession erfolgt vorm

Gasthaus Altwirt. Der feierliche Umgang zieht über die Flu-

ren der Hochfläche zwischen Isar und Blomberg. AmHorizont

das Panorama der Isarwinkler Berge, beherrscht vom langge-

zogenen Rücken der Benediktenwand. Es hat sich längst her-

umgesprochen, dass es in Wackersberg eine der prächtigsten

Prozessionen im Isarwinkel gibt. Der Pfarrer mit derMonstranz

des Allerheiligsten unter dem Traghimmel wird dabei beglei-

tet von der Blaskapelle, von den Ministranten, Kommunion-

kindern, den Frauen in Schalk und Mieder, den Männern in

Gebirgstracht und den Schützen. Bei gutem Wetter sind vie-

le Zuschauer vor Ort. Doch die Wackersberger wollen keine

Touristenattraktion sein. Sie führen ihren Umgang aus herge-

brachter religiöser Überzeugung durch; und das sogar an zwei

Tagen: am Fronleichnamstag, der immer auf einen Donnerstag

fällt – das ist der igroße Antlaßl-, und am darauf folgenden

Sonntag. Zum Schluss der Prozession stellt sich die Schützen-

kompanie wieder vor demAltwirt auf und feuert Gewehrsalven

ab zumSalut. Das ist das Ende des offiziellen Teils, nahtlos geht

es über zumgemütlichen Beisammensein imWirtshaus und im

schattigen Biergarten.

Wer die »Antlaßschützen« an Fronleichnamverpasst, der hat im

Herbst bei der Erntedank-Prozession noch einmal Gelegenheit.

Der denkmalgeschützte Altwirt ist zweistöckig. Das niedrige

Erdgeschoss wird mit Fenstern, die imZuge der Restaurierung

ebenfalls mit Läden versehen wurden, erhellt, darüber befindet

sich der erste Stock mit Fenstern ohne Läden mit Zierumrah-

mungen. Das Dachgeschoss hat einen kleinen Balkon. Der Gie-

bel des Satteldachs wird von einemKreuz bekrönt. Im Jahr 1909

erfolgten ein Umbau und der Anbau des historischen Saales,

wobei die alte Bausubstanz erhalten blieb.

Man fühlt sich sofort wohl in den behaglichen Gasträumen.

Dunkle Holzvertäfelungen bilden die Rückwände, grüne Ka-

chelöfen und umlaufende Bänke finden sich in allen Stuben. Alte

Stiche, Fotos und Musikinstrumente an den Wänden erinnern

an die igute alte Zeitl. Küche und Gasträume befinden sich

im Erdgeschoss. An eine kleinere Wirtsstube mit Stammtisch

schließt ein größerer Gastrauman, der sich zumSaal öffnet. Hier

geht die dunkle Holzverkleidung über in die schwere Holzde-

cke. Der Anbau des historischen Saales ist auf der Südseite des

Anwesens rechtwinklig angefügt. Er ist einstöckig und an der

Außenseite mit Fachwerk verziert.

Aviso Einkehr

–– Der Altwirt in

Wackersberg

Aviso Einkehr Die schönsten denkmal-

geschützten Gasthöfe in Bayern sind

noch nicht so bekannt wie viele unserer

Schlösser, Burgen und Kirchen. Das

muss sich ändern! In Aviso Einkehr stellen

wir Ihnen deshalb die schönsten kulina-

rischen Musentempel vor.

Text: Bettina

Hausler-Thomas