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Kannte man imEuropa des 12. Jahrhunderts überhaupt Elefanten? In die-

ser Zeit waren Elefanten in Europa nicht aus eigener Anschauung bekannt,

als Motiv jedoch geläufig aus der Bibel, dem Alexanderroman, aus natur-

historischen und christlich-symbolischen Schriften.Manwusste aus antiker

Überlieferung von Kriegselefanten und ihrer Präsenz bei Triumphzügen,

von Eigenschaften und Legenden dieses in höchstem Ansehen stehenden,

stets den Herrschern vorbehaltenen Tieres. Ausgezeichnet durch Größe

und Stärke, galt es zudemals klug, gütig und tugendhaft und fandmit diesen

Merkmalen auch Eingang in die christliche Tiersymbolik. Im Mittelalter

kommt es gewöhnlich nicht auf Ähnlichkeiten an. BildlicheDarstellungen in

Buchillustration oder Bauplastik inMitteleuropawaren damals weitgehend

naturfern, kaum majestätisch, eher skurril, dabei unterschiedlichen Vor-

lagen-Typen folgend. In den Zusammenhang eines pferdeähnlichen Typus,

der im 12. und 13. Jahrhundert in Frankreich, England und Deutschland

nachweisbar ist, gehört der Elefantenleuchter. Er ist eine in hohem Maße

phantastische, dabei sehr reizvolle Tiergestalt. Dennoch ist ein Bildinhalt

entsprechend christlicher Symbolik anzunehmen, etwamit demThema der

Dualität zwischen Gut und Böse: Der Bogenschütze mit seinem Elefanten

als Vertreter des Guten im Kampf gegen das Böse.

ELEFANTENLEUCHTER

MAGDEBURG, M. 12. JH

Leuchter in Gestalt eines Elefanten, Magdeburg,

Mitte 12. Jahrhundert

Bronze, gegossen und ziseliert

15,7 cm hoch

Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum

Inv. Nr. KG 227

Weitere Informationen:

Der Leuchter gehört zu den reichen Beständen

mittelalterlicher Kleinbronzen des Germanischen

Nationalmuseums in Nürnberg. Das Bronzeguss-

werk ist mit allen Details in einem Stück gegossen

und mit einer Höhe von 15,7 cm von zierlichen

Dimensionen.

Leicht variiert begegnen die Formen dieser Tier-

gestalt und der Architektur bei zwei weiteren

Elefantenleuchtern in Museumsbesitz in London und

Hannover. Alle drei befinden sich in stilgeschicht-

lich nächster Verwandtschaft zu einem prominenten

Gusswerk, der Bronzetür der Sophienkathedrale in

Novgorod, die um 1152/1156 in Magdeburg gegossen

wurde.

Wie die kleinfigurigen Bildfelder der Bronzetür in

Novgorod zeigen auch die Elefantenleuchter die

etwas derbe, aber lebhafte Formensprache dieser

Gusswerkstatt, so dass auch sie in Magdeburg

entstanden sein werden, um die Mitte des zwölften

Jahrhunderts.

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Zum Weiterlesen:

Mende, Ursula:

Mittelalterliche Elefantenleuchter

und die Magdeburger Gusswerkstatt. in: Anzeiger

des Germanischen Nationalmuseums, 1986, S. 7–18

Mende, Ursula:

Die mittelalterlichen Bronzen im

Germanischen Nationalmuseum.

Bestandskatalog.

Nürnberg 2014, Kat. Nr. 75

Foto: www.gnm.de

Elefantenleuchter