Table of Contents Table of Contents
Previous Page  19 / 56 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 19 / 56 Next Page
Page Background

|19 |

hung, des Unterrichts und der Armen- und Krankenpflege dienten.

Diese gesetzliche Liberalisierung nutzte der Verein geschickt für seine

Ziele.

Am 18. Oktober 1899 wird im

Café Luitpold

der erste

Allgemeine Baye­

rische Frauentag

eröffnet. Alle weiteren Vorträge und Diskussionen

finden im Saal des Alten Rathauses statt. Max Haushofer hält hier den

viel diskutierten Vortrag

Die Frau im Erwerbsleben

. Den Abschluss

bildet ein Festabend. Aufgeführt wird das Festspiel

Culturbilder aus

demFrauenleben

der Malerin und DichterinMarie Haushofer. Gezeigt

wird, wie sich die Frau durch die Jahrhunderte aus Knechtschaft und

Unkultur zu Wissen, Arbeit und Freiheit emporringt. Das weibliche

Publikumwird zum Zusammenschluss und zur aktiven Gestaltung von

Gegenwart und Zukunft aufgerufen. Nach dem großen Erfolg des ers­

ten Bayerischen Frauentags 1899 finden Frauentage alle zwei Jahre in

verschiedenen Städten statt. Der Ausbruch des ErstenWeltkriegs 1914

löst eine jahrelange Unterbrechung aus. Erst ab 1921 werden, bis 1930,

wieder Frauentage veranstaltet. Seit 1933 sind sie verboten.

Aus privaten Gründen, aber auch aufgrund ihrer politischen Aktivi­

täten verlässt Anita Augspurg 1899 den von ihr mitbegründeten Ver­

ein, um sich dem sog. »radikalen« Flügel der bürgerlichen Frauenbe­

wegung anzuschließen. Überzeugt davon, dass sich für Frauen nur

dann etwas ändern wird, wenn sich auch die Gesetzeslage ändert und

Frauen wählen dürfen, gilt ihr Engagement und

ihr Kampf fortan dem Frauenwahlrecht. 1902 be­

gründet sie mit ihrer neuen Lebenspartnerin, der

Hamburgerin Lida Gustava Heymann, den

Deut­

schen Verband für Frauenstimmrecht

. 1912 orga­

nisiert sie inMünchen den ersten deutschen Frau­

enstimmrechtsumzug. Ihr ist es mit zu verdanken,

dass Frauen 1919 zum ersten Mal wählen dürfen.

Ein Netzwerk für schreibende Frauen

ImOktober 1913 gründen Emma Haushofer-Merk

und Carry Brachvogel den

Münchner Schriftstel­

lerinnenverein

mit dem Ziel, die wirtschaftlichen

Interessen seiner Mitglieder zu vertreten und den

Beruf der Schriftstellerin und Journalistin zu eta­

blieren. Unter den 68 Mitgliedern: Ricarda Huch,

Annette Kolb und Isolde Kurz. Kernthema der

Satzung ist Artikel 5: Der Verein verbietet seinen

Mitgliedern, Werke unter Wert zu verkaufen oder

gar ohne Bezahlung zu schreiben, auch fordert er

gleiche Entlohnung wie für männliche Autoren.

Vereinstreffpunkt ist das vegetarische Restaurant

Ethos

in der Ottostraße 1, später imGartengebäude

des Künstlerinnenvereins in der Barerstraße 21.

Die Vereinsgeschichte zeigt, dass die Umsetzung

des Artikels 5 bis 1933 ein Hauptziel blieb. Noch

heute veranstaltet der München Stadtbund ein­

mal im Jahr den

Equal Pay Day

, einen Aktionstag,

der in Deutschland erst 2008 eingeführt wurde!

rechts

Antisemitisches

deutschnationales

Flugblatt, 1919.

Anita Augspurg

2. R. v. u., 2. v. r.

darunter

Anita

Augspurg auf dem

Münchner Frauenstimm-

rechtskongress 1912.

daneben

Anita

Augspurg beim

Kongress der Women´s

International League für

Peace and Freedom

(WILPF) 1937.

© Privatarchiv Richardsen | In: Christiane Henke: Anita Augspurg. 2000 Hamburg, S. 109 | Münchner Stadtmuseum. Kester, Bild 21493 | FrauenMediaTurm, Köln (Signatur Ft.01.Augs.03