Kunst Tätigkeitsbericht über Provenienzforschung 2018 in Bayern vorgestellt

Kunstminister Bernd Sibler (m.) stellte den Tätigkeitsbericht zur Provenienzforschung in Bayern 2018 gemeinsam mit Dr. Johannes Gramlich (l.) und Dr. Stephan Kellner vor
Kunstminister Bernd Sibler (m.) stellte den Tätigkeitsbericht zur Provenienzforschung in Bayern 2018 gemeinsam mit Dr. Johannes Gramlich (l.) und Dr. Stephan Kellner vor

12 Restitutionen, 33 Forschungsprojekte, 444 Suchmeldungen – Kunstminister Bernd Sibler gab gemeinsam mit dem Forschungsverbund Provenienzforschung Bayern (FPB) einen Überblick einen Überblick über die Arbeit der 18 beteiligten Institutionen.

Die Tonstatuette von Petronio Tadolini, die im April 2018 an die Nachfahren des jüdischen Kunsthändlers Siegfried Lämmle restituiert wurde
Die Tonstatuette von Petronio Tadolini, die im April 2018 an die Nachfahren des jüdischen Kunsthändlers Siegfried Lämmle restituiert wurde

12 Restitutionen von Gemälden, Zeichnungen, Büchern und Plastiken aus bayerischen Einrichtungen wurden im Jahr 2018 durch die Arbeit des Forschungsverbundes Provenienzforschung Bayern (FPB) möglich. So erhielten Nachfahren beispielsweise 62 Bände aus der Bayerischen Staatsbibliothek, eine Tonstatuette von Petronio Tadolini aus dem Bayerischen Nationalmuseum und ein Gemälde von Ernst Immanuel Müller aus den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen zurück. Das zeigt der Tätigkeitsbericht, den Kunstminister Bernd Sibler gemeinsam mit den beiden Vorsitzenden des Verbundes Dr. Johannes Gramlich und Dr. Stephan Kellner der Öffentlichkeit vorstellte. Der Bericht gibt einen Überblick über die Forschungsarbeit der 18 beteiligten Institutionen, die sich mit der Geschichte von mutmaßlich geraubten Kunst- und Kulturgütern befassen.

„Die Erforschung ihrer Geschichte zählt zu den wichtigen Aufgaben unserer Museen im Freistaat. Restitutionsforderungen wollen wir umfassend nachgehen und aufklären. Wenn die Forschungen Hinweise auf einen verfolgungsbedingten Entzug bestätigen, restituieren wir selbstverständlich auch – denn Ziel dieser arbeitsintensiven Forschungsarbeit ist es, verfolgungsbedingt entzogene Kunstgegenstände zurückzugeben oder gerechte Lösungen für eine Wiedergutmachung zu finden“, betonte der Kunstminister den Wert der Forschung. Für ihn ist die Aufarbeitung des Unrechts der NS-Zeit eine „fortdauernde ethische Verpflichtung“. Auch die Aufarbeitung des Kolonialismus im Kontext der Beforschung der Bestände versteht er als „eine zentrale kulturpolitische Aufgabe“.

Breit aufgestellt: Museen, Archive und Forschungseinrichtungen sind beteiligt

Bevor es zu einer Restitution kommen kann, sind umfangreiche Recherchen nötig, die sich zum Teil aufgrund ihrer Komplexität über Jahre hinziehen können. Der 2015 gegründete bayerische Forschungsverbund begegnet dieser Herausforderung durch seine breite Aufstellung: An ihm sind Museen unterschiedlicher Ausrichtung, die Bayerische Staatsbibliothek, Archive sowie universitäre Lehrstühle und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen mit den Fachrichtungen Kunst- und Zeitgeschichte beteiligt. Durch eine enge Kooperation zwischen den Einrichtungen werden Synergieeffekte geschaffen. So kommt es zum Beispiel nicht selten vor, dass sich Objekte aus dem Bestand eines Händlers oder eines Sammlers aus der NS-Zeit heute in verschiedenen Institutionen befinden. In diesen Fällen schließen sich die Mitglieder über den Verbund zusammen, recherchieren gemeinsam und unterstützen sich durch ihre Forschungsarbeit.

33 Projekte zu Raubkunst in Arbeit

Insgesamt arbeitet der Verbund derzeit an 33 Projekten. Ein großes Vorhaben steht kurz vor dem Abschluss: Nach rund zweijähriger Recherche konnten die Erben von Gemälden, Graphiken und einem Elfenbeinrelief aus der Sammlung Julius und Simoni Davidsohn gefunden werden, Gespräche über die Rückgabemodalitäten finden derzeit statt. Durch die aktive Forschung des Verbundes wurden im vergangenen Jahr zudem 444 Eintragungen zu Objekten oder Objektgruppen aus bayerischen Museen und Bibliotheken, bei denen ein begründeter Verdacht auf Raubkunst besteht, auf der Internetplattform lostart.de vorgenommen werden, einem zentralen Rechercheinstrument für Raubgut. Die Veröffentlichung der Rechercheergebnisse dient der Transparenz und ermöglicht es, gesuchte Objekte von der ganzen Welt aus zu finden.  

Zur Zusammenarbeit der Mitglieder erklärte der Vorsitzende des Forschungsverbundes, Dr. Johannes Gramlich: „Sie ermöglicht uns aufgrund der unterschiedlichen, am Verbund beteiligten Einrichtungen eine professionelle und breit aufgestellte Forschung. Neben unserer Hauptaufgabe, der Provenienzforschung im engeren Sinn, betreiben zum Beispiel unsere universitären und außeruniversitären Institutionen Forschungsprojekte zu Kunsthändlern, zu Kunstsammlern und zum Kunstmarkt der NS-Zeit und leisten so einen wichtigen Beitrag zur Grundlagenforschung. Unsere Archive wiederum betreuen relevante Quellenbestände, die für die Arbeit der Museen und für die Arbeit der unabhängigen Forschungseinrichtungen von Bedeutung sind.“ Die im Bericht dargestellten Ergebnisse zeigen, so Gramlich, dass Bayern eine „lebendige und wertvolle Region für Provenienzforschung“ im nationalen und internationalen Zusammenhang sei.

Der Forschungsverbund Provenienzforschung Bayern legt jedes Jahr einen aktuellen Tätigkeitsbericht über seine umfangreichen Aktivitäten vor, der auch auf seiner Webseite veröffentlicht wird und dort heruntergeladen werden kann. Wesentlicher Förderer ist der Freistaat Bayern. Wichtige Projektförderung kommt zudem vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste, eine von Bund und den Ländern sowie von den drei kommunalen Spitzenverbänden getragene Einrichtung.

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