Pressemitteilung Nr. 106 vom 05.07.2022 Bundesverdienstkreuz für Erfolgsverlegerin Antje Kunstmann und Buchkunst-Legende Franz Greno

Kunstminister Markus Blume: „Das deutsche Verlagswesen mit Idealen, Visionen und Tatkraft jahrzehntelang geprägt“

MÜNCHEN. Kunstminister Markus Blume hat am Montagnachmittag in München das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an die renommierte Verlegerin Antje Kunstmann und den legendären Buchgestalter und Verleger Franz Greno ausgehändigt.

„Antje Kunstmann und Franz Greno haben das deutsche Verlagswesen mit ihren Idealen, Visionen und ihrer Tatkraft jahrzehntelang entscheidend geprägt: Mit ihrem Lebenswerk haben sie die wichtige Rolle der unabhängigen Verlage für die Buchkultur deutlich gemacht“, betonte Kunstminister Markus Blume.

Zu der Vorzeige-Verlegerin gesellschaftskritischer, insbesondere feministischer Literatur Antje Kunstmann sagte Blume: „Mit Ihrem herausragenden Engagement für die deutsche und internationale Literatur sowie für Frauenrechte und weitere gesellschaftspolitische Themen haben Sie sich bleibende Verdienste erworben. Ihr Gespür als Verlegerin ist phänomenal! Sie erahnen genau, was die Leserinnen und Leser wollen, und gleichzeitig prägen Sie den Publikumsgeschmack, statt ihm hinterherzulaufen.“

Zu dem Gestalter und Verleger vielfach ausgezeichneter Liebhaber-Bücher Franz Greno sagte Blume: „Sie gelten in der literarischen Welt zu Recht als Legende der Buchkultur: Insbesondere mit der Reihe „Die Andere Bibliothek“ haben Sie Verlagsgeschichte geschrieben. Jede Ausgabe ist ein echtes Kunstwerk!“

Antje Kunstmann

Seit vielen Jahrzehnten nimmt Antje Kunstmann eine herausragende Position im deutschen Verlagswesen ein und gehört zu den erfolgreichsten Verlegerinnen Deutschlands. Sie ist seit Beginn ihrer Karriere im deutschen Verlagswesen Vorreiterin und Vorbild für die Gleichstellung der Frau. Ihr hoher Bekanntheitsgrad sorgt für eine dauerhafte Präsenz feministischer Themen und Diskussionen in der Gesellschaft. Im Jahr 2006 war sie Deutschlands „Verlegerin des Jahres“.

Nach ihrem Studium der Pädagogik, Philosophie und Soziologie in München und einer Tätigkeit als Lektorin im Werner Raith Verlag gründete Kunstmann 1976 mit Peter Weismann den Weismann Verlag-Frauenbuchverlag. Das Motto: „Bücher für Mehrheiten, die wie Minderheiten behandelt werden“. Das Ziel: gesellschaftskritische und vor allem feministische Literatur herauszugeben.

Als Weismann den Verlag 1984 verließ, führte die in Bad Kissingen geborene Kunstmann diesen fort und benannte ihn 1990 in Verlag Antje Kunstmann GmbH um. In einer langjährigen Erfolgsgeschichte gab Kunstmann dem Verlag ein unverkennbares Profil mit einem literarisch anspruchsvollen Programm, aber auch mit humoristischen Publikationen und aktuellen Sachbüchern. Antje Kunstmann führt den Verlag bis heute so erfolgreich, dass dieser stets unabhängig blieb und sich neben großen Medienkonzernen behaupten konnte.

Kunstmann verlegt Autorinnen und Autoren wie Axel Hacke, Roberto Bolaño, Kristof Magnusson, Louise Welsh oder Noam Chomsky und es gelingt ihr, scheinbar unvereinbare Gegensätze zu einem erfolgreichen Verlagsprogramm zusammenzubringen. Dazu gehören Protokolle des NSU-Prozesses ebenso wie die besten Cover des Satire-Magazins „Titanic“, die Karrieregeheimnisse von Philipp Lahm genauso wie beliebte Kartoffelrezepte. Zudem trägt Kunstmann aktuellen Entwicklungen auf dem Buchmarkt Rechnung. In den letzten Jahren erweiterte sie das Verlagsprogramm mit Hörbüchern, Kinderbüchern und illustrierten Publikationen.

Zusätzlich zu ihrer Tätigkeit als Verlegerin engagierte Kunstmann sich auch für ihren Berufsstand und übernahm von 1991 bis 2012 verschiedene Ehrenämter im „Börsenverein des Deutschen Buchhandels e. V.“.

 

Franz Greno

Vom Schriftsetzer zum Verleger legendärer Liebhaber-Bücher: Franz Greno hatte nach einer Lehre zum Schriftsetzer bereits bei verschiedenen Verlagen gearbeitet, als er mit der Gründung seines eigenen Verlags im Herbst 1984 ein Zeichen gegen den Strukturwandel der 1980er Jahre in der Druckereibranche setzte. Denn als der mechanische Maschinensatz durch den elektronischen Computersatz verdrängt wurde, setzte Grenos Verlag mit einer Druckerwerkstatt in Nördlingen mit dem Ziel höchstmöglicher Qualität in der Buchgestaltung auf Manufakturproduktion. In der Folge kaufte der gebürtige Münchener alte und seltene Drucklettern auf. Seine Druckerei war zu jener Zeit die größte Offizin, also Kombination aus Druckwerkstatt, Verlag und Buchhandel, Europas. Und Greno galt als geheimnisvoller Verleger mit einer Aura.

Seinen hohen Anspruch, intellektuelles und visuelles Vergnügen zu verbinden, verwirklichte Greno dann ab 1985 idealtypisch mit der exklusiven Buchreihe „Die Andere Bibliothek“. Darin ist seit 1985 mit einer Auflage von zunächst 4.444 (seit März 2020 3.333 Exemplaren) im Monatsrhythmus ein Buch erschienen. Die Herstellung eines Buches dieser Edition dauerte damals ungefähr einen Monat, wobei die Bleidruckstöcke nur eine Auflage von etwa 35.000 Büchern durchhielten. Besondere Bekanntheit bekam „Die Andere Bibliothek“ auch dadurch, dass mit dem Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger einer der diskursprägenden deutschen Intellektuellen bis 2004 als literarischer Berater der Reihe wirkte.

Auch mit anderen Projekten wie der zwischen 1985 und 1989 herausgegebenen, zweiten ambitionierten Buchreihe „Krater-Bibliothek“ machte der Greno-Verlag auf sich aufmerksam und erfuhr internationale Anerkennung. Nach der Auflösung des Verlags blieb Franz Greno der literarischen Welt als freiberuflicher Buchgestalter verbunden.

 

Fotos der Aushändigungen mit Kunstminister Blume finden Sie zum kostenlosen Download unter:

Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Markus Blume im Bild (bayern.de)

 

Michael Becker, stellv. Pressesprecher, 089 2186 2025

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