Pressemitteilung Nr. 070 vom 05.04.2019 Bisher ergriffene Maßnahmen optimieren und Strukturen weiter verbessern

Bericht der Gutachter-Kommission zu Strukturen an der Musikhochschule München – Dr. Holzheid: „Aufdecken von Sexualdelikten kein Verrat, sondern Akt der Befreiung“ – Kunstminister Sibler: eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen

MÜNCHEN. Die Hochschule für Musik und Theater München (HMTM) ist hinsichtlich Prävention und Schutz vor sexuellen Übergriffen, Gewalt und Machtmissbrauch auf einem guten Weg, sollte aber ihre bisher ergriffenen Maßnahmen optimieren und Strukturen weiter verbessern. Das ergab der Bericht einer unabhängigen Gutachter-Kommission, den Kunstminister Bernd Sibler gemeinsam mit der Vorsitzenden der Kommission Dr. h.c. Hildegund Holzheid heute in München vorstellte. Die Kommission war im Juni 2018 eingerichtet worden, um vor dem Hintergrund bekannt gewordener Übergriffe Strukturen und Abläufe an der Musikhochschule zu begutachten und Empfehlungen für Verbesserungen zu formulieren.

Klare Haltung zum Thema sexueller Missbrauch

Die Kommission würdigt in ihrem Bericht Maßnahmen wie die Regelung zum Unterricht in Privaträumen und zum Körperkontakt im Unterricht oder die Erstellung eines detaillierten pädagogischen Konzepts für die Ballett-Akademie als positiv zu bewertende Schritte. Bei anderen Entscheidungen, wie beispielsweise die unter Mitgliedern der Hochschule durchgeführte Umfrage zu Missbrauchsfällen sowie den Umgang mit den Ergebnissen, sehen die Experten Verbesserungsbedarf und schlagen entsprechende Maßnahmen vor. Der Bericht hebt zudem den Stellenwert eines „Klimas der Transparenz, der Kommunikation und des Vertrauens“ hervor. „Es ist unerlässlich, dass die Hochschule eine klare Haltung zum Thema ‚sexueller Missbrauch‘ haben und praktizieren. Sie müssen deutlich machen, dass das Aufdecken von Sexualdelikten und sexuellen Belästigungen kein Verrat ist, sondern ein Akt der Befreiung“, so Dr. Holzheid.

Als konkrete Maßnahmen nannte sie u.a. die stärkere Öffnung einzelner Ausbildungsbestandteile hin zum Gemeinschafts- bzw. Gruppenunterricht, eine verbindliche Richtlinie zum Körperkontakt in der Ausbildung, die Benennung einer externen, zur Verschwiegenheit verpflichteten Person als erste Anlaufstelle für Betroffene sowie eine bessere personelle Ausstattung des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten. Die Ausbildungsstruktur an Musikhochschulen mit dem hohen Anteil an Einzelunterricht wird nicht in Frage gestellt. Das Ministerium müsse zudem Anreize für einen höheren Anteil von Frauen an Professorenstellen schaffen und die Hochschule insgesamt in diesem Prozess unterstützen. Die Kommissionsvorsitzende hob ausdrücklich hervor, dass die Hochschule „in den letzten Wochen zunehmend mutigere und entschiedenere Maßnahmen zur Aufarbeitung der Folgen der Missbrauchsfälle getroffen hat“.

„Bestmöglichen Schutz gewährleisten“

Kunstminister Sibler betonte, dass bei sexueller Belästigung und körperlicher Gewalt, bei Diskriminierung, Mobbing und Machtmissbrauch „Null Toleranz“ gelten müsse. Er dankte der Kommission für den konstruktiven Prozess und die von großer Sorgfalt und Expertise getragenen Empfehlungen. Die Hochschule müsse die Empfehlungen nun gründlich analysieren und den eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen. „Der bestmögliche Schutz der ihr anvertrauten Menschen ist Verpflichtung und Auftrag der Hochschulen“, so der Minister. Sein Ministerium werde diesen Prozess weiter begleiten. „Ich bedaure zutiefst, dass es an der Hochschule zu Vorfällen gekommen ist, die Menschen verletzt zurücklassen. Ein Ort des Lernens muss ein Ort des Vertrauens sein. Niemand soll sich vor Übergriffen oder Machtmissbrauch fürchten müssen!“, so Sibler. Daher sei es ein richtiger Schritt gewesen, dass sich die Einrichtung „dieser so wichtigen externen Begutachtung“ gestellt habe.

Die Musikhochschule hatte bereits 2015 begonnen, Maßnahmen zum Schutz vor sexueller Gewalt und Belästigung zu ergreifen. Dazu gehörte auch das Anliegen, die eingeleiteten Maßnahmen sowie die Strukturen einer externen Begutachtung zu unterziehen. Die ehrenamtlich arbeitende Kommission, die aus der ehemaligen Präsidentin des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs und des Oberlandesgerichts München Dr. Hildegund Holzheid sowie Prof. Dr. Isabell M. Welpe, Leiterin des Instituts für Hochschulforschung und Inhaberin des Lehrstuhls für Strategie und Organisation an der TU München, und dem künstlerischen Leiter des Münchner Bach-Chores und des Münchner Bach-Orchesters Hansjörg Albrecht besteht, verfasste auf Basis schriftlicher Berichte und zahlreicher Einzelgespräche mit allen Gruppen innerhalb der Hochschule einen ausführlichen Bericht. Die Hochschule soll in einem ersten Schritt zu den Empfehlungen Stellung nehmen und dann weitere Schritte einläuten.

Kathrin Gallitz, Pressesprecherin, 089 2186 2057

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