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GanzeBibliothekennachBegriffendurchforsten zukönnen–und

Museen auf den Bildschirm holen und zuweilen sogar virtuell

betreten: Das ist eine feine Sache, unstrittig ein Segen digitaler

Kunst- und Kulturvermittlung. Man kann problemlos auf dem

Laufenden bleiben oder sich einen Überblick verschaffen. Doch

egal, wie avanciert die Technik ist, die man verwenden wird: Es

werden – und das gerät zuweilen in Vergessenheit – nicht Kunst

oder Kultur selbst vermittelt, sondern nur die Informationen

darüber. Informationen haben intrinsisch aber die Tendenz, zu

wuchern und zu immer noch mehr Informationen zu entarten –

zumal in der Digitalität. Und das wiederum trägt die Gefahr in

sich, dass Kunst wie Kultur mit einer Flut an Informationen und

»Handreichungen« förmlich zugedeckt werden, mit sogenann-

ten»Zusatzinformationen«überkuratiert undüberpädagogisiert.

Schon jetzt ist in vielen Museen, die real besucht werden – ge-

wissermaßen analog per pedes –, kraft der ubiquitären Bevor-

mundung oderBevoräugnis, wieman sagenmüsste, eine Situation

entstanden, in der sich nicht wenige gar nicht mehr unbewaffnet

(ohne Cicerone oder ohne zumindest die Textwand daneben stu-

diert zu haben) an das Betrachten eines Bildes herantrauen– sich

zutrauen, selbständighinzuguckenundEntdeckungenzumachen.

Wie dann erst im digitalen Raum? Die Angst vor dem Fehlurteil

führt, anders gesagt, zu einer unnötigen Vereindeutigung.

Das Kunstwerk im Zeitalter seiner virtuellen Ubiquität und All-

verfügbarkeit ist eben gleichzeitig ein Kunstwerk, das unentwegt

eingerahmt (»Framing«), beurteilt undmit zusätzlichen »Gelän-

dern«bzw. »Rahmenhandlungen«versehenwird–sozusagenmit

digitalen Rahmen um den Rahmen.

Impressum

Copyright:

Bayerisches Staatsministerium

für Wissenschaft und Kunst

Salvatorstraße 2, 80333 München

ISSN 1432-6299

Redaktion:

Dr. ElisabethDonoughue (ed), verantw.

Astrid Schein (Adressverwaltung)

Telefon: 089 . 2186 . 2420

Fax: 089 . 2186 . 28 13

Aviso erscheint viermal jährlich.

Titelbild:

Susanne Steinmassl

The Future Is Not Unwritten

Gestaltung:

Sabrina Zeltner

sabrinazeltner.com

Gesamtherstellung:

Bonifatius GmbH, Druck-Buch-

Verlag Karl-Schurz-Str. 26,

33100 Paderborn

bonifatius.de

Philosphischer Aperçu

Der Schriftsteller Thomas Palzer

arbeitet, oft unter philosophi-

schen Fragestellungen, neben

dem literarischen Schreiben auch

als Autor für Radio und Fern-

sehen. Bereits 1994 und 2002

wurde er mit dem Preis der

Litera-

Vision

für Kurzfilmbeiträge ausge-

zeichnet. Für seinen Roman

Ruin

erhielt er 2005 den Tukan-Preis.

Zuletzt veröffentlichte er die

Essays

Das kommende Buch

und

den Roman

Vergleichende Ana-

tomie. Eine Geschichte der Liebe.

2019 erschien der Noir-Krimi

Die

Zeit die bleibt.

Im WS 18/19 hatte

er eine Gastprofessur am Litera-

turinstitut Leipzig für den Bereich

Essayistik inne. Im Literaturportal

Bayern reflektiert Thomas Palzer

regelmäßig über philosophische

Themen. Dort ist auch der Philo-

sophische Aperçu im Ganzen

zu lesen. Palzer lebt als Autor,

Regisseur, Essayist und Schrift-

steller in Leipzig.

www.thomaspalzer.de literaturportal-bayern.de/kolum-

ne-von-thomas-palzer

Philosphischer

Aperçu

–– Über das Framing

von Kunstwerken

Foto: Thomas Dashuber