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zu verkaufen, denn beimDigitalen verliert

dieinderKunstweltsowichtigeUnterschei-

dungzwischenOriginal undKopieanBe-

deutung. Auch die Rezipient*innen

sind mit einer neuen Weise des

Kunsterlebens konfrontiert, sind

siedochnichtmehrpassiveAußenbe-

trachter*innen, sondern befinden sich als

aktiverTeilmittenimKunstwerk.Schließ-

lich fragen sich auchKünstler*innen,

wie sie mit diesem neuen Medium

arbeiten können, so dass am Ende das

Werk als Kunst begriffen werden kann,

denn VR findet momentan in vielen

anderenBereichenAn-

wendung, vor allem in

der Spielindustrie. Zu-

gleich stehen sie auch

vor der Frage, was die

Eigenart die-

ses Me-

d i u m

ausmacht,

was es im

Vergleich

zu anderen

Kunstformen wie

Malerei, Fotogra-

fie, Performance

oder Video leisten

kann. Denn in der

Kunstwelt wird das

Neue, das Eigensin-

nige anerkannt; das be-

reits Gesehene,

die Wieder-

holung ist

uninteres-

sant.

Das

s i n d

Fragen,

mit denen sich momentan die

Akteur*innen der Kunstwelt

befassen. Um dieser neuen

Kunstform eine eigene Posi-

tion innerhalb der Kunstwelt

zu sichern und Koopration zu

ermöglichen, müssen die Ak-

teur*innen Antworten auf diese

Fragen finden, diese in Praktiken umsetzen und auch die anderen

Akteur*innendavonüberzeugen, dieDinge auf eineneueWeise zu

tun–dasPublikum,dieKunstkritik,dieKunstvermittler*innenund

-sammler*innen, dieMuseumsdirektor*innen.MichalsSoziologin

interessiert, wie diese neuen Praktiken aussehen, wie sie entstehen

und wie andere mobilisiert werden, die Dinge anders zu machen.

Um dies herauszufinden, betreibe ich Ethnografie, doch anstatt an

entfernte Orte zu reisen, um fremde Kulturen zu erforschen – das

verbindetmanjagewöhnlichmitdieserMethode–,begebeichmich

andieOrte, woVR-Kunst produziert, ausgestellt, verkauft unddis-

kutiert wird, und betreibe dort Feldforschung. ImAtelier, imAus-

stellungsraum, inderGaleriebeobachte ich,wieProzessevollzogen

werden,halteinteilnehmendenBeobachtungen,durchFotografien,

Videos und Feldnotizen das Geschehen fest. So habe ich zum Bei-

spiel zehn Tage im Atelier von zwei Künstlern verbracht und

verfolgt, wie sie ein VR-Kunstwerk schufen, mit welchen

neuenHerausforderungensiedabeikonfrontiertwur-

den und welche neue Lösungen sie fanden. Ich

führe Interviews mit relevanten Akteur*in-

nenwieetwaGalerist*innen,Kurator*innen,

Museumsdirektor*innen und analysiere die

Dokumentation, aber auch die Materialitä-

ten, die deren Handlungen hinterlassen. Ich

beobachteall diekleinenHandgriffe, die inder

Summe dazu führen, dass eine neue Technik

die Profanität überwindet und etwas anderes

wird: Kunst.

Virtual Reality

Illustration: Tobi Frank

Das Post/Doc Digital Media Lab am Munich

Center for Technology in Society (MCTS)

integriert Ansätze aus den Bereichen

Science and Technology Studies, Informatik,

Soziologie, Wissenschaftsphilosophie und

Medienwissenschaft. Ziel ist es, Digitalisie-

rungsprozesse in verschiedenen Bereichen

der Gesellschaft theoretisch und empirisch

zu untersuchen, Initiativen und Projekte zur

Digitalisierung fachlich und wissenschaftlich

zu unterstützen und alternative Wege für

eine demokratische und verantwortungsvolle

Gestaltung solcher Prozesse zu finden. Auf

der Grundlage von materiellen und relationa-

len Forschungsansätzen begreift MCTS

Digitalisierung als fortwährende Verflechtun-

gen verschiedener Akteure, Praktiken,

Technologien, Regulierungen und Kulturen.

Mittels eines breiten Instrumentariums

qualitativer Methoden einschließlich ethno-

graphischer Ansätze, Codeanalyse und

Mappings untersucht MCTS unterschiedliche

Themen entlang der Leitmotive von Infra-

struktur, Kontrolle und Kreativität.

mcts.tum.de

Ein neues Medium

in der Kunstwelt