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Aviso Einkehr

Erlangen ist heute eineUniversitätsstadt mit wichtigenKliniken

und mehr als 111.000 Einwohnern, ein bedeutender Standort

der Elektro-, Informations- undMedizintechnologie. Um 1700

war Erlangen eine kleine Ortschaft mit Ackerbürgern, umgeben

von einer Stadtmauer, die man heute noch sehen kann, etwa

im Saugraben oder an der Fuchsenwiese. Nach 1686 wurde di-

rekt neben dieser Keimzelle eine auf dem Reißbrett geplante

Neustadt »Christian-Erlang« angelegt für die vom Markgrafen

aufgenommenen, aus Frankreich vertriebenen Protestanten,

die sogenannten Hugenotten. 1743 folgte die Gründung der

Universität und nach dem Zweiten Weltkrieg die Ansiedlung

des Siemens-Konzerns: Diese beiden mächtigen Arbeitgeber

prägen Erlangen bis heute.

Im alten Kern der Stadt, in einem ihrer ältesten Häuser, be-

findet sich das Restaurant Mein lieber Schwan. Geführt wird

es seit 2006 vom Ehepaar Lehmen-Stubbe. Der Koch Walter

Lehmen-Stubbe ist einWinzersohn aus Zell an derMosel. Nach

der Hotelfachschule in BadKreuznach und der Ausbildung zum

Koch in Friedenweiler/Schwarzwald begann er seine Wander-

jahre, die ihn u. a. nach Hamburg und Heidelberg, zu Pierre

Pfister ins Hilton Mainz und zu Lothar Eiermann ins Schloss-

hotel Friedrichsruhe führten. Als Küchenchef im Hotel Natio-

nal in Bamberg lernte er seine Frau Claudia kennen, die ihm als

Restaurantfachfrau heute zur Seite steht.

Nach den harten Jahren in der Spitzengastronomie entschlos-

sen sich die beiden, völlig auszusteigen und nach Griechenland

zu ziehen. Drei Jahre lebten sie auf Kreta, ernteten Oliven und

trafen dort Menschen aus aller Herren Länder. Als sich die

erste der beiden Töchter ankündigte, kehrten sie zurück nach

Deutschland, nach Franken, in den Hotel-Gasthof Schwarzer

Adler in Uttenreuth bei Erlangen. Nachdem die Gemeinde als

Eigentümer jedoch die Pacht drastisch erhöhen wollte, suchten

sie sich etwas Eigenes. Seit 13 Jahren führen die beiden inzwi-

schen das Restaurant Mein lieber Schwan.

Der griechischeMythos von Leda und demSchwan verbindet

sich mit diesem Namen. Das Bild des tschechischen Künstlers

Vladimir Suchánek wurde zumMarkenzeichen des Lokals. Wie

überhaupt die Liebe zur Kunst, vor allem zu Bildern des Malers

Horst Janssen, im Inneren unübersehbar ist. Zusammen mit

dem Interieur gibt dies dem Restaurant eine dezent moderne

Note. Es wirkt wie ein Gegengewicht zum rustikalen, denkmal-

geschützten Haus mit Sandstein und balkenschwerem Fach-

werk, Holzböden und altehrwürdigen Treppenstufen, die zur

Küche und zu den Gasträumen im Obergeschoss führen. Auf

der alten Fotografie im Foyer sieht man das sandsteinwuchtige

Gebäude um 1900, als es noch eine Mälzerei beherbergte. Er-

langenwar im19. Jahrhundert eine äußerst produktive Stadt der

Brauereien, die hochwertiges Bier herstellten und dreimal so viel

exportierten wie die Sudhäuser in München. Die alljährlich an

den alten Lagerkellern amBurgberg stattfindende »Bergkerwa«

zeugt noch von dieser bierseligen Vergangenheit.

Mein lieber Schwan! So möchte man ausrufen, wenn man

die raffiniert zubereiteten Soßen und Suppen von Walter Leh-

Aviso Einkehr

–– Mein lieber Schwan

in Erlangen

Text: Helmut Haberkamm

Fotos: Rebecca Schwarzmeier

Gut speisen in einem der

ältesten Häuser der Stadt