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aviso 4 | 2016
GRÜSS GOTT JAPAN – KONNICHIWA
バイエルン
BAYERNS VERBORGENE SCHÄTZE
BRAUCHT WISSENSCHAFT WERBUNG?
MACHEN BIBLIOTHEKEN MUSIK?
ZWEI MEDIENSAMMLUNGEN DER UNIVERSITÄT REGENSBURG GEBEN ANTWORT
Text:
Angelika Steinmaus-Pollak
UNIVERSITÄTEN UND IHRE
Bibliotheken sammeln nicht
nur Bücher und bedrucktes Papier. Sie besitzen auch um-
fangreiche Sammlungen mit unterschiedlichsten medialen
Materialien und Artefakten, die sie erhalten und zugänglich
machen. So verfügt die Universität Regensburg über einen
reichen phonographischen Schatz an Volksmusik und einen
multimedialen Bestand zur Geschichte der Werbung. Diese
Sammlungen präsentiert die Universitätsbibliothek für die
Forschung in zwei Portalen, im Regensburger Archiv für
Werbeforschung und imRegensburger Portal für Volksmusik.
Das Regensburger Archiv für Werbeforschung (RAW)
Im Jahr 2003 bot Professor Geldmacher (1923-2009) der Uni-
versität Regensburg rund 8000 Tonbandspulen mit 50000
Hörfunkspots aus den Jahren 1947 bis 1987 an. Der studierte
Betriebswirt und spätere Hochschulprofessor war ab den 50er-
Jahren Werbeberater und Werbestratege für große Marken-
artikel wie Alete, Asbach Uralt, Aurora, Bärenmarke, Maggi,
Pril und Persil. In Deutschland leitete er zwei kommerzielle
Tonstudios für Rundfunkwerbung und trug Sorge, dass die
Studioproduktionen fortlaufend vollständig aufbewahrt wur-
den. Dies sind die Quellen für das 2004 eingeweihte Histori-
sche Werbefunkarchiv (HWA) an der Universität Regensburg.
Da magnetische Tonbandaufnahmen nicht alterungsbeständig
sind, wurde das gesamte Tonbandmaterial in der Universi-
tätsbibliothek Regensburg mit Unterstützung der Deutschen
Forschungsgemeinschaft digitalisiert und in eine internet
basierte Datenbank aufgenommen. Nach einer persönlichen
Registrierung können die originalen Hörspots in Original-
länge abgespielt werden. Einzelne Spots werden auf Bestel-
lung als Download bereitgestellt.
WEITERE, NOCH UMFANGREICHERE
Sammlungen
ergänzten sukzessive den Anfangsbestand, insgesamt mehr
als 15000 Tonbandspulen, darunter nochmals ein großer
Bestand mit Hörfunkspots aus den 80ern. Der Bereich der
akustischenWerbung wurde mit 1200Werbeschallplatten der
Jahre 1950 bis 1980 aus privater Hand erheblich bereichert.
Diese nahezu vergessenenWerbemittel, auf Vinyl, Folie oder
Papier gepresst und als kostenlose Produktbeilagen verbreitet,
sind in Kürze vollständig in einer Online-Datenbank verfüg-
bar. Erwähnenswert sind außerdem 90 Tonbildschauen. Eine
grundlegende Profilerweiterung bedeutete die Einbeziehung
von Filmmaterial. Der Bayerische Rundfunk und weitere
kommerzielle Unternehmen gaben umfangreiche Konvolute
mit Werbefilmen ab, die von 1950 bis 1970 für das Fernse-
hen – und zu einem kleinen Teil für das Kino – hergestellt
wurden. Auch das bekannte Textilhandelshaus Witt Wei-
den in der Oberpfalz hat seine Werbefilme abgetreten. Mit
der Abgabe von rund 8500 verschiedenen Spots für Rund-
funk und Fernsehen aus den Jahren 1986 bis 2000 ist auch
die jüngere Zeit repräsentiert. Das Regensburger Archiv für
Werbeforschung (RAW) ist im internationalen Vergleich ein
einzigartiges Ton-, Bild- und Filmarchiv für alle Bereiche der
deutschsprachigen Werbung in Film, Funk und Fernsehen
aus den letzten 50 Jahren des 20. Jahrhunderts.
Das Regensburger Portal für Volksmusik (RPV)
Im Jahr 1946 wurde kriegsbedingt aus Berlin ausgelagertes
Material zur deutschen Volksmusikforschung nach Regens-
burg in das Institut für Musikforschung gebracht. Dieses
Material stammte aus zwei verschiedenen Stellen: zum einen
aus dem 1937 gegründeten »Staatlichen Institut für Deutsche
Musikforschung«, und zum anderen aus dem sogenannten
»Südtiroler Projekt« von Alfred Quellmalz (1899-1979), der
im Auftrag der SS-Einrichtung »Forschungsgemeinschaft
Deutsches Ahnenerbe« von 1940 bis 1942 die Volksmusik der
deutschsprachigen Bevölkerung in Südtirol vor deren geplan-
ten Aussiedlung flächendeckend dokumentierte.
FELIX HOERBURGER (1916-1997)
, der mehrere Deka-
den diese volksmusikalischen Archive betreute, fügte selbst
umfangreiche Materialsammlungen hinzu, insbesondere zum
Volkstanz in Bayern und zur internationalen Volksmusik, die
er im Verlauf von Exkursionen nach Südosteuropa (Kosovo,
Albanien, Rumänien, Griechenland) und Asien (Nepal,
Afghanistan, Taiwan) erhoben hatte. Dieser heterogene
Bestand umfasst neben 2200 Fotografien, 500 Schallplatten
bzw. Musikkassetten und anderem Schriftgut im Wesent
lichen folgende Inhalte:
n
6500 Seiten mit Liedern und Tänzen aus 42 verschiede-
nen Einzelsammlungen (Texte und Noten)
n
40000 einzelne Blätter mit Liedtexten und -noten (die
sogenannte Liedblattsammlung)
n
700 einzelne Lieder und Musikstücke auf mehr als 500
historischen Wachswalzen, darunter 400 einzigartige his-
torische Tonaufnahmen aus den Jahren 1905 bis 1909