Pressemitteilung
Nr. 212 - 11. September 2000

Schulbeginn in Bayern: Kultusministerin Monika Hohlmeier gibt Neuerungen im Schuljahr 2000/2001 bekannt/ Trotz steigender Schülerzahlen Qualität bayerischer Schulen ausbauen

Am Dienstag beginnt für die rund 1,8 Millionen Schülerinnen und Schüler in Bayern das neue Schuljahr. 135.000 von Ihnen treten den Schulweg heuer zum ersten Mal an. Während die Zahl der Erstklässler im Vergleich zum Vorjahr damit leicht zurückging, stieg die Gesamtschülerzahl um fast 20.000 an. „Unser Ziel ist es, trotz dieses enormen Zuwachses die gute Qualität des bayerischen Schulwesens zu erhalten und weiter auszubauen", erklärte Kultusministerin Monika Hohlmeier auf der Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn am Montag in München. Im Mittelpunkt stünden die Stärkung der Förderschulen sowie die Umsetzung der beschlossenen Reformen an Hauptschule und Realschule. Die Herausforderungen des neuen Schuljahrs lägen aber auch in einer noch intensiveren Einbindung der neuen Medien in den Schulalltag, in der Ausweitung der Lehrerfortbildung, in der Fertigstellung von Konzepten zur Halbtags- und Ganztagsbetreuung und in der Alterspyramide der Lehrkräfte. Als Schwerpunkte schulischer Arbeit bezeichnete die Ministerin außerdem Gewaltprävention sowie eine weitere Reduzierung des Unterrichtsausfalls.

Dreh- und Angelpunkt jeder Verbesserung ist nach den Worten Hohlmeiers die innere Schulentwicklung, also all die Maßnahmen, die einerseits die Qualität schulischer Bildung zeitnah entsprechend den veränderten Anforderungen der Wirtschaft und der modernen Gesellschaft stärken, und die andererseits dazu beitragen, das Schulklima insgesamt weiter zu verbessern. „Schule muss eine Institution bleiben oder wieder werden, die sowohl eine hoch qualifizierte fachliche Ausbildung vermittelt als auch der Ausprägung emotionaler und sozialer Kompetenz hohe Aufmerksamkeit schenkt", fasste die Ministerin zusammen. Dabei gehe es um moderne und innovative Unterrichtsformen, die die Persönlichkeitsentwicklung der jungen Menschen unterstützen, um die Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus sowie um Wertorientierung und Leistungsbezug. Die Ministerin ermunterte die Schulen, hier eigene Wege zu erforschen und ein individuelles Profil zu entwickeln. „Innere Schulentwicklung kann nicht von oben angeordnet oder durch Gesetz vorgegeben werden. Die Schulen selbst müssen den Willen und die Ideen haben, sich fortzuentwickeln", so Hohlmeier. Das Kultusministerium werde sie dabei aber unterstützen und Impulse geben. Die Ministerin kündigte an, ab November bayernweit sieben Regionalkongresse durchzuführen, auf denen die Schulen ihre Erfahrungen austauschen und vorbildliche Projekte präsentieren könnten.

Die jüngst bekannt gewordenen Fälle rechtsextremistischer Gewalt nahm die Kultusministerin zum Anlass, die Schulen zur Stärkung ihrer Aufklärungsarbeit anzuhalten. „Rechtsextremismus spielt an bayerischen Schulen erfreulicherweise nur eine sehr untergeordnete Rolle. Schwerpunkte des Rechtsradikalismus liegen vielmehr gerade in den Ländern, in denen jahrzehntelang Kommunismus herrschte. Ich sehe darin eine Bestätigung der bayerischen Linie, Wertorientierung und Demokratiebewusstsein zu vermitteln. Dennoch werden auch unsere Schulen ihre Präventionsarbeit intensivieren", erklärte Hohlmeier. Dies solle nicht nur in den Fächern Deutsch, Geschichte oder Religion geschehen, sondern auch überall dort, wo im schulischen Leben Probleme wie Ausgrenzung oder Gewalt erkennbar würden.

Die Rahmenbedingungen für eine qualitativ hochwertige Bildung seien an Bayerns Schulen gut. In nur mehr 2,7 % der Klassen an den Grund- und Hauptschulen müssten mehr als 30 Kinder unterricht werden. Der Schnitt liege bei 23,7 Schülern. Den Kindern in der Jahrgangsstufe 1 würde ab diesem Jahr eine Stunde mehr im so genanten grundlegenden Unterricht erteilt, so dass für die Vermittlung von Rechnen, Schreiben und Lesen gleich zu Beginn der Schule mehr Zeit zur Verfügung stehe. In den Jahrgangsstufen 3 und 4 habe sich die Zahl der Klassen, in denen regulärer Fremdsprachenunterricht gegeben wird, um 1.500 auf 3.500 deutlich erhöht. Die Fortbildung der Lehrkräfte für die Erteilung des Fremdsprachenunterrichts werde intensiv weitergeführt, so dass der Sprachunterricht im Jahr 2005 flächendeckend angeboten werden könne.

Hohe Akzeptanz finde die im vergangenen Schuljahr eingeführte kind- und familiengerechte Halbtagsgrundschule. Die verlässliche Betreuung werde heuer an 80 % der Grundschulen angeboten. Für alle Gruppen leistet der Freistaat Bayern einen Zuschuss in Höhe von 6.500 Mark. Die Elternbeiträge lägen für den Großteil der Kinder bei bis zu 60 Mark. Über die kind- und familiengerechte Halbtagsgrundschule hinaus sollen künftig auch bedarfsorientiert Ganztagsangebote geschaffen werden. Eine Konzeption, die u. a. Nachmittagsunterricht und Ganztagsbetreuung einbezieht, soll bis zum Ende des Jahres vorliegen.

An Hauptschule und Realschule stehe die Umsetzung der beschlossenen Reformen im Vordergrund. „Mit den neuen Mittlere-Reife-Zügen der Hauptschule eröffnen wir vielen Kindern bessere Entwicklungsperspektiven," so die Ministerin. Damit werde zugleich der Entwicklung der Wirtschaft, die für mehr Berufe als bisher einen mittleren Abschluss verlange, Rechnung getragen. Bayernweit würden in diesem Schuljahr bereits 363 Hauptschulen M-Klassen einrichten, 155 mehr als im letzten Jahr. Aber auch die Schüler, die keinen M-Zug besuchten, profitierten von der Neuerung. Sie könnten nunmehr neue Leistungsspitzen bilden und sich besser für den Berufseinstieg qualifizieren. Die Zahl der Praxisklassen, in denen Jugendliche, die besonderer Hilfe bedürfen, in ihrer Persönlichkeitsentwicklung stabilisiert werden, wird von 30 auf insgesamt 49 erhöht. Bester Resonanz erfreue sich die sechsstufige Realschule. Aufgrund der überaus großen Nachfrage werden heuer zusätzlich 42 Schulen mit der 5. Klasse beginnen, so dass nun 145 der insgesamt 332 Realschulen sechsstufig sind.

Für die Gymnasien sei in diesem Schuljahr vor allem die Umsetzung der Budgetierung von Bedeutung. Das neue Modell der Stundenzuteilung räume den Schulen deutlich mehr Eigenverantwortung bei der Gestaltung des Unterrichtsprofils ein und führe zudem zu mehr Gerechtigkeit bei der Personalausstattung. „Es gab Anfangsschwierigkeiten bei der Einführung, aber ich bin davon überzeugt, dass alle Schulen die Budgetierung alsbald als Chance erkennen, das schulische Angebot selbst aktiv gestalten zu können", erklärte Hohlmeier. Erprobt wird in diesem Schuljahr ein neues Instrument zur Minimierung des Unterrichtsausfalls. In München, Augsburg und in der Region Nürnberg/Fürth/ Erlangen werden 50 Lehramtsassesssoren als „Mobile Reserven" eingesetzt. „Bedauerlich ist, dass wir in diesem Jahr am Gymnasium ebenso wie an der Realschule Probleme hatten, alle Stellen zu besetzen. Leider haben viele Bewerber angebotene Stellen abgelehnt, und zudem so spät, dass die gesicherte Nachbesetzung bis zum Schulbeginn äußerst schwierig war," berichtete die Ministerin. Die Öffentlichkeit, die oft mit einem angeblichen Stellenmangel für Lehrkräfte konfrontiert werde, habe für dieses Verhalten wenig Verständnis.

 

Dorothee Erpenstein
Pressesprecherin des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus