9. Oktober 1996

Neue Therapieansätze in der Krebsbehandlung mit dem FRM II

Mit der neuen Neutronenquelle in Garching eröffnen sich für die Medizin ausgezeichnete Möglichkeiten der Bekämpfung bösartiger Tumoren. Wie Kultusminister Zehetmair beim Symposium "Forschung mit Neutronen: Nutzen für die Medizin in Diagnose und Therapie" am Mittwoch in München mitteilte, stehe den Ärzten der Technischen Universität München mit dem "Atom-Ei" bereits seit 1985 ein wichtiges Instrument für die Behandlung oberflächennaher Tumore am Menschen zur Verfügung. Inzwischen habe sich diese Therapieform so erfolgreich entwickelt, daß bei einigen oberflächennahen Krebsarten die Neutronentherapie eine deutlich bessere Wirkung als die konventionelle Strahlentherapie aufweise. Das Behandlungsverfahren sei deshalb inzwischen fester Bestandteil der Schulmedizin.

Besonderen Grund zur Hoffnung gebe die neue Entwicklung der Neutronen-Einfang-Therapie mit Bor (Boron-Neutron-Capture-Therapy, BNCT), so Zehetmair. Diese Methode, bei der beispielsweise bösartige Hirntumore mit Bor angereichert und anschließend mit thermischen Neutronen zerstört werden, während gesundes Hirngewebe vergleichsweise gering belastet werde, sei vor allem am europäischen Forschungsreaktor in Petten/Holland sehr weit entwickelt worden. Zur Zeit werde geprüft, ob und wie sich eine solche Bestrahlungsmöglichkeit am FRM II einrichten lasse. Eine Gruppe von Ärzten aus dem Klinikum Großhadern und aus dem Klinikum rechts der Isar sei daran sehr interessiert.

Die Möglichkeiten des Atom-Eis für medizinische Zwecke seien weitgehend ausgeschöpft, konstatierte Zehetmair. Wenn man die neuen Chancen aus der Neutronenforschung in der Medizin nutzen wolle, dann müsse der geplante hohe Neutronenfluß des FRM II optimal für medizinische Zwecke nutzbar gemacht werden. Der FRM II werde deutlich bessere Bedingungen für klinische Anwendungen bieten, als das Atom-Ei. Vorgesehen seien zum Beispiel eine bessere Intensität und Flexibilität des Strahls, so daß eine bessere Tiefen-Wirkung erzielt und die Bestrahlungszeiten wesentlich verkürzt werden können. Beim FRM II werde das Bestrahlungsfeld von bisher 10 x 10 cm um das sechsfache vergrößert. Ein mobiler Behandlungstisch erlaube eine zielgenauere und schonendere Bestrahlung des Patienten. Mit den zusätzlichen Bestrahlungsmöglichkeiten könne endlich auch der europaweite Engpaß bei der Herstellung von Radionukliden spürbar verringert werden.

All diese Verbesserungen seien nur durch den Neubau eines Forschungsreaktors machbar. Daß für eine Hochflußneutronenquelle wie beispielsweise den FRM II nur ein auf hoch angereichertem Uran basierender Brennstoff in Frage komme, sei hinlänglich diskutiert. Auch die experimentellen Einrichtungen für die medizinischen Bestrahlungen ("Konverterplatte" zur Freisetzung schneller Neutronen) sind auf hochangereichertes Uran zwingend angewiesen.

Zehetmair betonte, daß alle Sicherheitsmaßnahmen getroffen und alle Planungen darauf ausgelegt seien, daß der FRM II um die Jahrtausendwende in den Dienst der medizinischen Forschung und der Patientenbehandlung gestellt werden könne.

Bayerisches Staatsministerium
für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst
Toni Schmid, Pressereferent