Pressemitteilung

Nr. 257 / 19. November 1999

Kultusministerin Hohlmeier auf dem zentralen Hauptschultag der Regierung von Unterfranken: Hauptschule wird Angebotsschule/ Kritik am Volksbegehren

Die Hauptschule in Bayern soll eine attraktive Angebotsschule werden. Auf dem zentralen Hauptschultag der Regierung von Unterfranken in Würzburg erklärte die Ministerin, mit den neuen Lehrplänen für die Hauptschule und den zusätzlichen Angeboten für einen praxis- und berufsbezogenen mittleren Abschluss seien wichtige Voraussetzungen für eine eigenständige Profilbildung geschaffen worden. „Ziel ist es, eine solide Allgemeinbildung und Berufsorientierung zum Markenzeichen der Hauptschule zu entwickeln und über Wissen und Kenntnisse hinaus fächerübergreifende Kompetenzen wie Arbeitstechniken oder soziale Fähigkeiten zu vermitteln. Viele Schulen schon vorbildliche Projekte gestartet." Diesen Weg werde die Staatsregierung in Abstimmung mit allen Beteiligten konsequent weitergehen.

Das Echo auf die gestarteten Reformen an der Hauptschule sei ermutigend für die Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte an der Hauptschule. „Eine Reihe von Eltern hat auf Grund der neuen Angebote der Hauptschule den Vorzug vor anderen weiterführenden Schulen gegeben. Das ist eine deutliche Erfolgsbestätigung für die Hauptschule", resümierte die Ministerin. Mittlere-Reife-Klassen gebe es inzwischen an über 180 Schulen. Der weitere Ausbau werde bereits jetzt mit Kommunen und Schulen abgestimmt. Regierungen und staatliche Schulämter haben inzwischen konkrete Perspektivplanungen für jeden Landkreis entwickelt. Einbezogen seien auch neue Standorte für die Einrichtung von Praxisklassen, die Schülerinnen und Schülern mit erheblichen Schwierigkeiten, einen Hauptschulabschluss zu erwerben, neue Chancen für den Einstieg in Berufsausbildung und Arbeitsleben böten. Auch dieses Angebot, das heuer bereits mit 30 Klassen begonnen habe, finde eine erstaunliche Resonanz.

Kritik übte die Kultusministerin an dem vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbad initierten Volksbehren. Als bedenklich bezeichnete sie die Äußerungen einiger Verbandsvertreter, in der von ihm vorgeschlagenen Aufbaustufe in den Klassen 5 und 6 auch Realschul- und Gymnasiallehrer einzusetzen. „Offenbar traut der BLLV den Lehrerinnen und Lehrern der Hauptschulen nicht zu, die Kinder in der fünften und sechsten Jahrgangsstufe differenziert und begabungsgerecht fördern zu können." In verschiedenen Veranstaltungen und Presseverlautbarungen hatten der Vorsitzende des Nürnberger Lehrer- und Lehrerinnenverbandes und der Bezirksvorsitzende im Bezirk München erklärt, realschul- bzw. gymnasialgeeignete Kinder sollten in der Aufbaustufe z.T. von Lehrkräften der Realschule und des Gymnasiums unterrichtet werden.

Als kinder- und bildungsfeindlich bezeichnete sie die vom BLLV vorgelegten Vorschläge zur Ausgestaltung der von ihm angestrebten Aufbaustufe. Die Pläne, die Kinder zu Beginn der 5. Jahrgangsstufe in Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialklassen einzuteilen, bedeuteten die Vernichtung einzügiger und zum Teil auch zweizügiger Hauptschulen und gehe zu Lasten einer wohnortnahen Versorgung. Überdies sei es völlig unverständlich, so die Ministerin, wenn der BLLV einerseits behaupte, die 4. Jahrgangsstufe sei als Zeitpunkt für die Wahl einer geeigneten Schulart zu früh, andererseits aber selbst planem, die Kinder zu Beginn der 5. Jahrgangsstufe in Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialklassen einzuteilen. „Wenn der BLLV behauptet, am Ende der vierten Klasse sei eine Eignungsbeurteilung für den Übertritt nicht möglich, warum soll sie dann acht Wochen später in der Aufbaustufe doch möglich sein?"

Auch das zweite Konzept des BLLV, an kleineren Schulen im ländlichen Bereich lediglich in minimalem Umfang differenzierten Unterricht in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch anzubieten, sei für einen Lehrerverband, der das Wohl der Kinder in den Vordergrund stellen wolle, inakzeptabel. Eine solche Förderung sei für Kinder, die später auf das Gymnasium übertreten, völlig unzureichend. Diese Kinder müssten ab der 7. Klasse die gleichen Lernziele wie ihre Mitschüler erreichen, die zuvor zwei Jahre Unterricht am Gymnasium erhalten haben. „Kindern an kleinen Schulen lediglich eine Mindestförderung zukommen lasse zu wollen, ist eine krasse Benachteiligung des ländlichen Raums", kritisierte die Ministerin.

Die Aufbaustufe des BLLV, sei teurer als die R 6. Somit sei die behauptung des BLLV, ohne die R 6 bliebe mehr Geld für kleinere Klasse und innere Schulentwicklung übrig, falsch. „Zur Finanzierung seines Modells schlägt der BLLV Kürzungen beim Wahl- und beim Förderunterricht für schwächere Schülerinnen und Schüler vor. Eine Reform, bei der für die Förderung zukünftiger Realschüler und Gymnasiasten die Hauptschüler bluten müssen, ist bildungspolitisch unverantwortlich", betonte Monika Hohlmeier.

Dorothee Erpenstein
Pressesprecherin im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus