Pressemitteilung

Nr. 62 – 19. März 1999

Kultusministerin Hohlmeier betont innere Weiterentwicklung des beruflichen Schulwesens/ Wirtschaftsschulen werden weitergeführt

Die drei- und vierstufigen Wirtschaftsschulen in Bayern erhalten Bestandsgarantie. Kultusministerin Monika Hohlmeier erklärte anlässlich des 4. Berufsbildungskongresses des Verbands der Lehrer an beruflichen Schulen in Bayern am Freitag in Würzburg, die Wirtschaftsschulen in ihrer bestehenden Form würden weitergeführt. Eine Ausweitung werde es aber nicht geben. „Die drei- und vierstufigen Wirtschaftsschulen sollen und können nicht zum Ersatz für die vierstufige Realschule werden", betonte die Ministerin. „Das entspräche nicht ihrem Bildungsauftrag." Künftig solle zusätzlich auch die zweistufige Wirtschaftsschule eingeführt werden, die Schülerinnen und Schülern mit qualifizierendem Hauptschulabschluss den Wirtschaftsabschluss ermögliche und den Zugang zu qualifizierten kaufmännischen Berufen erleichtere. Der Schulversuch „Zweistufige Wirtschaftsschule" verlaufe sehr erfolgreich. Eine entsprechende Änderung des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes sei in Vorbereitung. „Das ist eine sinnvolle Ergänzung zu den neuen Angeboten zur Erlangung des mittleren Schulabschlusses an der Hauptschule", unterstrich Frau Hohlmeier.

Als eine der größten Herausforderungen der beruflichen Schulen bezeichnete die Ministerin die innere Schulentwicklung. Bereits in den letzten Jahren seien die Handlungsspielräume der beruflichen Schulen wie bei keiner anderen Schulart erweitert worden. Die Lehrpläne seien wesentlich offener gestaltet, die Budgetierung der Lehrerstunden habe neue Freiräume in der Unterrichtsorganisation eröffnet, und in vielen Einzelfragen sei die Entscheidungskompetenz von der Schulaufsicht auf die Schulleitungen oder das Kollegium übertragen worden. Die Ministerin ermunterte die Schulen, diese Gestaltungsspielräume kreativ und innovativ auszuschöpfen. „Wir werden die Schulen dabei mit einer „Positivliste" unterstützen, die die vorhandenen Gestaltungsfreiräume anschaulich aufzeigt. Außerdem schaffen wir gezielt Anreize, die Eigenverantwortung innovativ zu nutzen", kündigte Frau Hohlmeier an. „Dazu werden wir die neuen Möglichkeiten zur Gewährung von Prämien und Zulagen für herausragende, besondere Leistungen voll ausschöpfen und damit vorbildliches pädagogisches Engagement einzelner Lehrkräfte honorieren." Auch die Zusammenarbeit der beruflichen Schulen mit der Wirtschaft sei ein wichtiges Anliegen. Neue Formen der Kooperation könnten sich aus dem Sponsoring ergeben. Um hier innovative Projekte zu ermöglichen, habe Bayern das Werbeverbot an Schulen mit Augenmaß gelockert.

Eine Absage erteilte die Kultusministerin Forderungen nach einer Rückkehr zu einem einzigen Berufsschultag. „In Übereinstimmung mit der Wirtschaft haben wir in Bayern die Organisation des Berufsschulunterrichts optimiert und so bereits Ausbildungszeit an die Betriebe zurückgegeben. Aber damit sind wir bei dem Mindestmaß angelangt. Eine weitere Reduzierung des Unterrichts, wie es einige Unternehmen fordern, wird es nicht geben, damit der umfassende Bildungsauftrag der beruflichen Schulen nicht nur auf dem Papier steht." Dies sei zugleich ein Beitrag, Absolventen der beruflichen Schulen auf lebenslanges Lernen vorzubereiten. Hier bestehe mit weiten Bereichen der Wirtschaft Konsens.

Die Ausbildung an der neustrukturierten Fachoberschule (FOS) und der Berufsoberschule (BOS) bezeichnete die Ministerin als zukunftsweisend. Nach jahrelangen, fast existenzbedrohenden Rückgängen der Schülerzahlen konnte die Attraktivität insbesondere der BOS in der Ausbildungsrichtung Technik wieder deutlich gesteigert werden und werde mit Erleichterungen in der zweiten Fremdsprache zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife weiter erhöht. „Gerade das Berufsbild des Ingenieurs hat für Nachwuchskräfte noch große Potentiale. Eine fundierte Ausbildung an BOS und FOS schafft für unsere jungen Menschen eine gute Startposition", unterstrich Frau Hohlmeier. Die Staatsregierung erprobe zudem zwei neue doppelt qualifizierende Bildungswege. Seit 1994 laufe in einem Modellversuch der Bildungsgang „Duale Berufsausbildung und Fachhochschulreife" gemeinsam mit Audi und BMW. Außerdem sollen durch eine dreijährige Fachoberschule eine anspruchsvolle Berufsausbildung sowie der Erwerb der Fachhochschulreife an der Fachoberschule miteinander verzahnt werden. Dieser Versuch solle im Jahr 2000 an einigen Standorten gestartet werden.

Dorothee Erpenstein
Pressesprecherin im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus