14. März 1997

Staatssekretärin Monika Hohlmeier für Weiterentwicklung des dualen Systems

Das duale System der Berufsausbildung muß sich weiterentwickeln. Wie Kultusstaatssekretärin Monika Hohlmeier am Freitag beim 125jährigen Jubiläum der Berufsschule in Garmisch-Partenkirchen erklärte, seien für die Berufsausbildung der Zukunft Schlüsselqualifikationen auf der Basis solider und fundierter Grundkenntnisse von zentraler Bedeutung. Dazu gehörten Lernfähigkeit ebenso wie Kreativität, Kooperations- und Verantwortungsbereitschaft. Für die Unterrichtspraxis in den Berufsschulen bedeute dies, daß die Schüler von passiven Bildungskonsumenten zu aktiven Mitgestaltern des Lernprozesses werden. Die herkömmlichen rezeptiven Lernformen seien in offenen Lernsituationen durch aktive, entdeckende, selbstgesteuerte Formen des Lernens zu ergänzen. Die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen müsse jedoch mit konkreten Inhalten und dem Erwerb von Wissen verknüpft sein. Hohlmeier: "Methodentraining allein genügt nicht." Die bayerischen Lehrpläne würden künftig diesem Anliegen durch handlungsorientierte Ausrichtung der Lernziele und Lerninhalte sowie mit größerer Gestaltungsfreiheit bei der Profilierung der Fächer Rechnung tragen. Die mit dem Modellversuch "fächerübergreifender Unterricht in der Berufsschule" eingeleitete Entwicklung sei unumkehrbar. Projektentwicklung für alle Berufsfelder und Lehrerfortbildung sollen die Umorientierung des Unterrichts fördern.

Derzeit sei das duale System der Berufsausbildung großen Belastungen ausgesetzt. Hauptursache der gegenwärtigen Misere sei zwar der Lehrstellenabbau, bei der Suche nach vermeintlichen Ausbildungshemmnissen habe die Wirtschaft jedoch den Umfang des Berufsschulunterrichts und das angebliche Versagen des allgemeinbildenden Schulwesens entdeckt, das die Jugendlichen nicht hinreichend für eine Berufsausbildung qualifiziere. Dieser Diskussion müsse sich das Schulwesen stellen.

Die undifferenzierte Forderung nach Rückkehr zu einem Berufsschultag in der Woche sei allerdings nicht verhandlungsfähig. Eine Reduzierung des fachlichen Unterrichts würde wegen der gewandelten fachlichen Anforderungsprofile in vielen Berufen unmittelbar die betriebliche Verwendbarkeit treffen. Auch die ohnehin geringe Stundenausstattung des allgemeinbildenden Unterrichts an Berufsschulen könne man schwerlich einschränken, wenn man den jungen Menschen in der Berufsschule nicht das Recht auf kulturelle und politische Orientierung vorenthalten wolle. Auch künftig müßten die Berufsschulen allerdings bemüht sein, durch flexible zeitliche Organisation des Berufsschulunterrichts die betriebliche Ausbildungszeit zu erhöhen. Um angesichts der knappen Gesamtausbildungszeit eine Doppelvermittlung des Lernstoffes durch Berufsschule und Betrieb bzw. überbetriebliche Ausbildung zu vermeiden, werde man die Kooperation der beiden Lernorte der dualen Ausbildung auch im inhaltlichen Bereich noch durchgängiger gestalten müssen.

Die Behauptung mangelhafter Ausbildungsreife der Schulabgänger treffe in ihrer Pauschalität nicht zu, betonte die Staatssekretärin. Die Hauptschule sei mit ihrem Anteil von knapp 40 % der Vierzehnjährigen keineswegs die Restschule für intellektuell Minderbegabte, sondern bereite auf eine breite Palette von Ausbildungsberufen vor. Allerdings könne auch die schulische Förderung das geringe kognitive Leistungsvermögen eines Teils der Hauptschüler nicht völlig kompensieren. Für die knapp über 7 % eines Altersjahrgangs, die die Hauptschule ohne Abschluß verlassen, werde man in Zukunft mehr tun müssen. Maßnahmen wie das Berufsvorbereitungsjahr oder zusätzliche Mittel für Kursangebote zum Nachholen des Hauptschulabschlusses könnten das Problem nur lindern. Erforderlich sei nicht zuletzt ein erweitertes Angebot an Ausbildungsberufen mit geringeren kognitiven Anforderungen. Beispiele seien die in Vorbereitung befindlichen neuen Berufe Fertigungsmechaniker und Elektromonteur.

Bayerisches Staatsministerium
für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst
Toni Schmid, Pressereferent