Pressemitteilung

Nr. 129 – 23. Juni 1999

Kultusministerin Hohlmeier zur Demonstration der „SchülerInneninitiative München" am 23.06.1999: Politisches Engagement in konstruktive Bahnen lenken

Anlässlich der von der „SchülerInneninitiative München" organisierten Demonstration bezeichnete Kultusministerin Monika Hohlmeier allgemeinpolitisches Engagement junger Menschen und bildungspolitisches Interesse im besonderen als wichtig und erfreulich. Die konkrete Demonstration begegne jedoch sowohl inhaltlich als auch vom Verfahrensablauf her Bedenken. Die von der SchülerInneninitiative im Vorfeld der Veranstaltung verteilten Erklärungen enthielten viele Falschinformationen und offenbarten, dass sich die beteiligten Schülerinnen und Schüler inhaltlich unzureichend mit den Schulreformen auseinandergesetzt haben. Bedauerlich sei auch, dass andere Schülerinnen und Schüler animiert wurden, während des Vormittages dem Unterricht fern zu bleiben. „Die bisher bekannt gewordenen Erklärungen enthalten ein Sammelsurium pauschaler Kritik „gegen alles", ohne konstruktive Vorschläge zu unterbreiten", stellte die Ministerin fest. Es wäre erfreulicher, wenn die SchülerInneninitiative konkrete Anliegen äußerte, über die sachlich zu diskutieren wäre, so wie dies von den eigens dafür eingerichteten Gremien wie Schülermitverantwortung mit den Bezirksschülersprechern oder Schülersprechern im Landesschulbeirat oder auch über Schülerzeitungen getan werde. „Ich stehe im Dialog mit den gewählten Vetretern der Schülerinnen und Schüler. Anregungen, die wie die Stellungnahmen der Bezirksschülersprecher konkret und aufgeschlossen eingebracht werden, bringen den Prozess konstruktiv vorwärts. Bereits Mitte Juli findet das nächste Gespräch statt", erklärte die Ministerin. Die „Münchner SchülerInneninitiative" sei weder inhaltlich noch organisatorisch repräsentativ für die Münchner oder oberbayerischen Schüler. So hätten sich Schülersprecher der Hauptschulen, der Realschulen und der Gymnasien in Gesprächen zu vielen Elementen der an ihrer Schulart geplanten Reformen positiv geäußert.

Als unverständlich bezeichnete die Ministerin, dass sich die Demonstranten gegen die Stärkung der Hauptschule wendeten. „Die Einführung von Mittlere-Reife-Zügen und Praxisklassen in den bayerischen Hauptschulen wird von Eltern, Schülern sowie allen Lehrerverbänden außer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ausdrücklich begrüßt, weil sie die Chancen für einen mittleren Abschluss und die Perspektiven für eine berufliche Ausbildung der Hauptschulabsolventen zielstrebig weiterentwickelt. „Ich finde es beschämend, wenn sich jetzt Gymnasiasten hinstellen und neue Entwicklungsmöglichkeiten für Hauptschülerinnen und –schüler wie Mittlere-Reife-Züge oder Praxisklassen, die Schülerinnen und Schülern mit erheblichen Persönlichkeits- und Lernproblemen neue Chancen für den Einstieg in das Berufsleben vermitteln sollen, diffamieren", erklärte Frau Hohlmeier. Die Kritik an der Hauptschulreform basiere auf vielen Falschinformationen. Der Einstieg in M- Kurse oder -Klassen sei nicht nur nach der 6. Jahrgangsstufe, sondern ebenfalls nach der 7., 8. und 9. Stufe möglich. Es sei auch nicht zutreffend, dass Absolventen der Praxisklassen, die im Übrigen ein zusätzliches, freiwilliges Angebot seien, prinzipiell ohne Schulabschluß die Hauptschule verlassen. Die Erlangung des Abschlusses werde auch in den Praxisklassen gefördert. Ziel solle es aber gerade sein, auch Jugendlichen, die einen Abschluss in der Hauptschule nicht erreichen können, für eine berufliche Ausbildung neue Perspektiven zu eröffnen, die im Übrigen ebenfalls zu einem Hauptschulabschluss führe. Entgegen der Behauptung der „SchülerInneninitiative" sei der mittlere Schulabschluss der Hauptschule dem an der Realschule vollkommen gleichwertig.

Mit ihrem Votum gegen die sechsstufige Realschule stellt sich die „Münchner SchülerInneninitiative" gegen die pädagogische Bewertung des Instituts für pädagogische Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität München, des Institutes für Schulpädagogik und Bildungsforschung sowie des Realschullehrerverbandes, des Landesverbands der Realschuleltern, des Philologenverbandes, der Landeselternvereinigung der Gymnasien, der Elternvereinigungen der kirchliche Schulen sowie wichtiger Verbände der Wirtschaft. Der seit 1992 durchgeführte Schulversuch „sechsstufige Realschule" hat ergeben, dass Realschülerinnen und –schüler in einem auf sechs Jahre angelegten, geschlossenen Bildungsgang bessere Leistungen erbringen. Dies schlägt sich sowohl in besseren Noten wie auch in einer um 80 % verringerten Quote der Wiederholer und Schulabgänger nieder. „Gerade einer Schülerinitiative müsste daran doch gelegen sein", betonte die Kultusministerin. Das Argument des erhöhten Leistungsdruckes in der 4. Grundschulklasse verkenne, dass erstens von einer Reihe von Kindern durch die Wahlmöglichkeit einer dritten Schulform nach der vierten Klasse Leistungsdruck genommen werde, die Kinder außerdem nach der 5. und 6. Jahrgangsstufe auf die Realschule oder das Gymnasium übertreten können und nach der 7. Klasse eine Vielzahl schulischer und beruflicher Entwicklungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden. „Jedes Kind und jeder Jugendliche in Bayern wird nach unserer Schulreform ein noch differenzierteres und begabungsgerechteres schulisches Angebot erhalten als je zuvor", betonte die Ministerin.

 

Dorothee Erpenstein
Pressesprecherin im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus