15. Februar 1996

Kultusminister Zehetmair warnt: Nachhilfe kann falsche Schullaufbahnentscheidung nicht korrigieren

Nachhilfestunden sind auf Dauer nicht das geeignete Mittel, um mangelhafte schulische Leistungen zu verbessern. Wie Kultusminister Hans Zehetmair am Donnerstag in München erklärte, könne Nachhilfe weder mangelnde Begabung für eine bestimmte Schulart, noch fehlende Arbeitshaltung, noch Probleme in der Klasse oder der Familie dauerhaft ausgleichen. Bei schulischen Problemen, die auf längere Krankheit, entwicklungsbedingte Störungen oder einen Schulwechsel zurückzuführen seien, könnten Nachhilfestunden jedoch vorübergehend sinnvoll sein.

Nur allzu oft, so Zehetmair, würden die Betroffenen dann Nachhilfestunden in Anspruch nehmen, wenn sie von der gewählten Schulart insgesamt überfordert seien. In diesem Fall sei ein rechtzeitiger Wechsel der Schulaufbahn einer für teueres Geld kaschierten und mit viel Frustration verbundenen Überforderung vorzuziehen. Zehetmair: "Das gegliederte Schulsystem in Bayern bietet jedem Schüler zum richtigen Zeitpunkt eine begabungsgerechte Schulform. Bei entsprechender Schullaufbahnentscheidung dürfte zusätzlicher Unterricht nur in Ausnahmefällen notwendig sein."

Der Minister warnte auch davor, bereits in der Volksschule Nachhilfestunden in Anspruch zu nehmen, um dadurch "mit Ach und Krach" den Übertritt ins Gymnasium oder die Realschule zu schaffen. Dort werde ein hohes Maß an selbständigem Arbeiten, ein schnelleres Arbeitstempo und mehr Flexibilität gefordert. Die gut gemeinten Nachhilfestunden brächten ein Kind somit letztlich in eine Situation, in der es sich permanent überfordert fühlen müsse. Gehäufte Mißerfolgserlebnisse würden sich dann negativ auf das Selbstwertgefühl der Kinder auswirken.

Wenn Kinder Probleme in bestimmten Fächern hätten, so der Minister, rate er den Eltern, sich zunächst mit den Fachlehrern in Verbindung zu setzen. Auch die Beratungslehrer der Schule oder die staatlichen Schulberater könnten helfen, vor allem dann, wenn ein Schulwechsel in die Überlegungen miteinbezogen werden müsse. Bei punktuellen Mängeln, könnten die Fachlehrer am besten beurteilen, welche Maßnahmen notwendig und sinnvoll seien, um Mängel auszugleichen. Unter Umständen könnten diese auch ältere Schüler nennen, die fähig und bereit sind, mit den betroffenen Kindern zu üben - ein "Wissenstransfer", der sich bisher für beide Seiten bestens bewährt habe. Angebote von kommerziellen Nachhilfeinstituten sollten Eltern immer dahingehend prüfen, in welchem Umfang auf die spezifischen Probleme ihrer Kinder eingegangen wird.

Bayerisches Staatsministerium
für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst
Toni Schmid, Pressereferent