Pressemitteilung
Nr.273 – 9. Dezember 1999
Kultusministerin Monika Hohlmeier stellt neue F�rderrichtlinien f�r Sch�lerinnen und Sch�ler mit Legasthenie bzw. Lese- und Rechtschreibschw�che vor/ Verbesserte F�rderma�nahmen und Hilfen zum Ausgleich von Nachteilen/ Pr�sentation einer neuen Lehrerhandreichung „Aufmerksamkeitsgest�rte, hyperaktive Kinder und Jugendliche im Unterricht"
„Mit den neuen F�rderrichtlinien k�nnen wir Sch�lerinnen und Sch�ler mit Legasthenie bzw. Lese- und Rechtschreibschw�che in ihrem schulischen Vorw�rtskommen deutlich besser f�rdern, ihnen deprimierende Frustrationserlebnisse ersparen und verhindern, dass sich ihre St�rung �ber das Fach Deutsch hinaus leistungsmindernd auch auf andere F�cher auswirkt", betonte Kultusministerin Monika Hohlmeier am Donnerstag auf der Pressekonferenz anl�sslich der Pr�sentation der neuen F�rderrichtlinien. „Bayern ist dank dieser neuen Richtlinien federf�hrend in der F�rderung von Kindern mit Legasthenie", so Ministerin Hohlmeier. Der Kern der neuen Bekanntmachung bestehe darin, dass Legasthenie und Lese- und Rechtschreibschw�che als eine Teilleistungsst�rung anerkannt werden. Als wesentliche Konsequenz f�r die schulische F�rderung ergebe sich daraus, dass schulische Probleme dieser Kinder nicht als Folgen mangelnden Flei�es oder minderer Begabung anzusehen seien.
Die schulischen Ma�nahmen umfassen zwei Bereiche: F�rderma�nahmen und Nachteilsausgleich. Die F�rderung erfolge durch differenzierende und individualisierende Ma�nahmen im Unterricht bei Sprach�bungen und beim Rechtschreiben, aber auch in besonderen F�rderkursen. Im laufenden Schuljahr 1999/2000 sind bereits 6.113 solcher Kurse an den Volksschulen eingerichtet, in denen rund 49.000 Sch�ler gef�rdert werden.
Bei den Ma�nahmen zum Nachteilsausgleich sei hinsichtlich der Ursachen der St�rungen zu differenzieren. So m�sse man unterscheiden zwischen Kindern, die an einer Legasthenie, also an einer Lese- und Rechtschreibst�rung aufgrund erblicher oder geburtlicher Sch�digung leiden (=3-5% aller Sch�ler), und Kindern, deren Lese- und Rechtschreibschw�che durch soziale oder emotionale Einwirkungen bedingt ist (10-15% aller Sch�ler). Letztere sei vor�bergehend und damit durch gezielte F�rderma�nahmen behebbar oder wenigstens weitgehend abzumildern; Legasthenie bleibe hingegen lebenslang erhalten und k�nne nur marginal verbessert werden. Eine genaue Unterscheidung lasse sich nur durch eine �rztliche Untersuchung beim Facharzt f�r Kinder- und Jugendpsychiatrie treffen.
Bei anerkannten Legasthenikern gelten k�nftig die im Folgenden aufgef�hrten Hilfsma�nahmen als verbindliche „Muss-Bestimmung", bei vorliegender Lese- und Rechtschreibschw�che als „Kann-Bestimmung".
Im Einzelnen ist vorgesehen:
Legastheniker m�ssen, lese- und rechtschreibschwache Sch�ler k�nnen von Leistungsfeststellungen befreit werden, die ausschlie�lich der �berpr�fung der Rechtschreibsicherheit dienen, wie z.B. Diktat.
Im Fach Deutsch darf die Rechtschreibleistung nur im Teilbereich Rechtschreiben notenm��ig ber�cksichtigt werden, nicht dagegen bei Aufs�tzen, Niederschriften oder sonstigen Textproduktionen, bei denen in der Hauptsache Sprachgewandtheit, Wortschatz, Kreativit�t und Ausdruck im Vordergrund stehen und bewertet werden sollen.
Durch geeignete Ma�nahmen ist sicherzustellen, dass sich Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten leistungsm��ig nicht in anderen F�chern auswirken.
Die Erarbeitung des Lernstoffs soll f�r diese Sch�ler verst�rkt m�ndlich erfolgen.
Bei Probearbeiten k�nnen Hilfsma�nahmen gew�hrt werden wie z.B. ein Zeitzuschlag bis zu 50 % der Arbeitszeit, verst�rktes m�ndliches Abfragen, Arbeiten an der Tafel, Zulassung technischer Hilfsmittel wie z.B. einem Computer.
In den Fremdsprachen werden verst�rkt m�ndliche Leistungen gef�rdert und auch bewertet. Bei Diktaten werden Grammatikfehler von Rechtschreibfehlern unterschieden und letztere nicht bewertet.
Die F�rder- und Hilfsma�nahmen sowie die Ber�cksichtigung bei Leistungsfeststellung und –bewertung gelten f�r Sch�ler mit anerkannter Legasthenie in allen Schularten f�r die gesamte Schulzeit. F�r Sch�ler mit einer vor�bergehenden Lese- und Rechtschreibschw�che sind sie nicht mehr wie bisher auf die Jahrgangsstufen 1-6 begrenzt, sondern gelten grunds�tzlich bis einschlie�lich Jahrgangsstufe 10, in begr�ndeten Ausnahmef�lle auch dar�ber hinaus.
Die F�rderrichtlinien enthalten klare Regelungen f�r die Bildung der Zeugnisnote im Fach Deutsch und in den Fremdsprachen. In den Fremdsprachen werden schriftliche und m�ndliche Leistungen im Verh�ltnis 1:1 gewichtet, wobei m�ndliche Leistungen tats�chlich m�ndlich erbracht werden, nicht z.B. durch schriftliche Stegreifaufgaben.
Die F�rderrichtlinien stellen auch sicher, dass kein Sch�ler wegen seiner Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten am �bertritt an weiterf�hrende Schulen gehindert werden soll, „wenn Aussicht besteht, dass der Sch�ler an der gew�hlten Schulart mit Erfolg am Unterricht teilnehmen kann". Die neuen F�rderrichtlinien gelten f�r alle Schularten.
Kultusministerin Monika Hohlmeier stellte auf der Pressekonferenz auch die neue Handreichung „Aufmerksamkeitsgest�rte, hyperaktive Kinder und Jugendliche im Unterricht" vor, die vom Staatsinstitut f�r Schulp�dagogik und Bildungsforschung im Auftrag des Staatsministeriums erarbeitet wurde. Sie bietet gemeinsam mit einem begleitenden Video den Lehrkr�ften Grundinformationen und wertvolle Hilfen f�r die individuelle F�rderung betroffener Sch�ler. „Wichtig f�r jede Lehrkraft ist es, im Unterricht solche Sch�ler wahrzunehmen, zu erkennen und dann gezielt zu f�rdern", betonte Ministerin Hohlmeier. Als Beobachtungsbereiche werden Beispiele f�r auff�lliges motorisches Verhalten, feinmotorische St�rungen, Konzentrationsst�rungen, soziale Probleme in der Klassengemeinschaft und Probleme mit der Lehrkraft beschrieben. Hilfen f�r den Sch�ler sind dann z.B. eine gezielte Rhythmisierung des Unterrichts mit ausreichend Bewegungsm�glichkeiten, ritualisierte Abl�ufe mit einfachen, f�r den Sch�ler umsetzbaren Ordnungskriterien, klare Regeln und Strukturen, Lernen mit allen Sinnen, Differenzierung im Unterricht, bei �bungen und bei Hausaufgaben.
Die F�rderung von Sch�lern mit einem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom oder Hyperaktivit�t verlange eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Schule, Eltern und Facharzt bzw. Therapeut. Ministerin Hohlmeier: „Dann k�nnen wir Sch�lerinnen und Sch�lern zu den Leistungen verhelfen, zu denen sie auf der Grundlage ihrer Begabung, ihrer F�higkeiten und Neigungen f�hig sind".
Die Handreichung ist beim Auer Verlag GmbH, Postfach 1152, 86601 Donauw�rth, zum Preis von 24,80 DM zu beziehen.