16. April 1999

Bayern startet Modellversuch „Achtjähriges Gymnasium" für besonders begabte Schülerinnen und Schüler

Mit Beginn des kommenden Schuljahres 1999/2000 bieten acht bayerische Gymnasien besonders begabten und leistungswilligen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, in eigenen Klassen bereits nach acht Jahren zum Abitur zu gelangen. „Ziel verantwortungsbewusster Bildungspolitik ist es, die Kinder entsprechend ihren Begabungen bestmöglich zu fördern. Deshalb gehört neben gezielten Angeboten zur Unterstützung leistungsschwächerer Kinder auch die Förderung besonders begabter Schüler zu den wichtigen Anliegen des Bildungsstandortes Bayern. Ihnen wollen wir die Chance eines kürzeren Wegs zum Abitur eröffnen", erklärte Kultusministerin Monika Hohlmeier. Über den Aspekt des Zeitgewinns hinaus verbinde sich damit aber auch die Möglichkeit einer verstärkten Förderung kognitiver, emotionaler und sozialer Fähigkeiten begabter junger Menschen. Die wissenschaftliche Begleitung ähnlicher Versuche in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz habe gezeigt, dass die Schüler in den Projektklassen sehr selbständig arbeiteten, in größeren Zusammenhängen dächten und Neues schnell mit bereits erworbenem Wissen vernetzten und sich außerdem durch hohes Verantwortungsgefühl und soziales Engagement auszeichneten. Darüber hinaus verringere der frühe Beginn der Förderung das Risiko, dass längere schulische Unterforderung bei einzelnen Schülern zu Verhaltensauffälligkeiten und Leistungsabfall führe.

Die Verkürzung der Schulzeit wird dadurch erreicht, dass der Stoff der Jahrgangsstufen 6 bis 11 des neunjährigen Gymnasiums gestrafft und in nur fünf Schuljahren vermittelt wird. Nach dem erfolgreichen Besuch der 10. Klasse treten die Schüler direkt in die Kursphase der Oberstufe ein. Die zweite Fremdsprache beginnt bereits in der 6. Klasse. Zudem sind Fächer wie Mathematik oder Deutsch mit einer höheren Stundenzahl ausgestattet, so dass die fehlende 11. Jahrgangsstufe aufgefangen werden kann. Das bedeutet auch, dass die Schülerinnen und Schüler pro Woche auf zwei oder drei Stunden mehr Unterricht kommen als in der neunjährigen Form des Gymnasiums.

Die acht Gymnasien werden ab dem kommenden Schuljahr eigene Klassen für geeignete Schüler einrichten. Während des ersten Jahres werden die Schülerinnen und Schüler von den Lehrern im Hinblick auf ihre Eignung für den Besuch des achtjährigen Zweigs beobachtet und intensiv beraten werden. Erst am Ende der 5. Klasse fällt die Entscheidung, ob die Kinder am Modellversuch teilnehmen. Auch andere Fünftklässler außerhalb der eigens gebildeten Klassen können bei entsprechender Eignung auf den „schnelleren Gymnasialzug aufspringen". Sollten Schüler bei dem notwendigerweise höheren Lerntempo doch auf Schwierigkeiten stoßen, können diese jederzeit und ohne Nachteile wieder zurück auf den neunjährigen Zweig wechseln.

Folgende Gymnasien bieten den achtjährigen Zweig neben dem neunjährigen an:

Gymnasium Erding, Hl. Blut, 85435 Erding

Caspar-Vischer-Gymnasium, Christian-Pertsch-Str. 4, 95326 Kulmbach

Otto-Hahn-Gymnasium, Schulstr. 10, 95615 Marktredwitz

Asam-Gymnasium, Schlierseestr. 20, 81615 München

Gisela-Gymnasium, Arcisstr. 65, 80801 München

Michaeli-Gymnasium München, Hachinger-Bach-Str. 25, 81671 München

Gymnasium Neubiberg, Caramer-Klett-Str. 10, 85579 Neubiberg

Städt. Peter-Vischer-Schule, Bielingplatz 2, 80419 Nürnberg

Neben dem achtjährigen Gymnasium existiert eine breite Palette an Förderungsmöglichkeiten für besonders begabte Gymnasiasten etwa durch Pluskurse, spezielle Förderklassen für Hochbegabte (neunjährige Form) oder die Möglichkeit des individuellen Überspringens einer Klasse.

Dorothee Erpenstein
Pressesprecherin im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus