Pressemitteilung
Nr. 94 – 11. April 2000

 

Kultusministerin Hohlmeier eröffnet Schulinnovations-Kongress 2000 / Initialzündung für neuen Bildungsdialog / Schulen sollen mehr Eigenverantwortung erhalten

Innere Schulentwicklung wird nach den Worten von Kultusministerin Monika Hohlmeier das Herzstück künftiger bayerischer Bildungspolitik sein. Bei der heutigen Eröffnung des Kongresses „Schulinnovation 2000" in Augsburg rief die Ministerin zu einem neuen Bildungsdialog auf: „Ziel ist es, Eigenverantwortung und Kreativität der Schulen zu stärken, die Qualität des Unterrichts weiter zu verbessern, Schule als Institution der Wissensvermittlung und als Lebensraum zu verstehen und eigenständig zu gestalten. Der Maßstab der Schulentwicklung wird bestimmt durch die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung in Verbindung mit nachhaltigem Lernen." Werteerziehung und Stärkung der sozialen Kompetenzen seien keine statischen Begriffe, sondern müssten immer wieder mit neuem Leben erfüllt werden. Angesichts des gesellschaftlichen Wandels gelte es außerdem, die Rollenverteilung zwischen Schule und Elternhaus neu zu definieren und neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und Eltern sowie Lehrkräften und Schülern zu entwickeln. „Damit die innere Schulentwicklung auf breiter Front Antrieb erhält, brauchen wir eine ausführliche öffentliche Diskussion und ein öffentliches Bewusstsein für die Wichtigkeit einer innovativen und nachhaltigen Bildung. Von dem heutigen Kongress erhoffe ich eine Initialzündung hierfür", betonte die Ministerin.

In der inneren Schulentwicklung werde es keine Patentrezepte für alle Schulen geben. „Schulentwicklung kann nicht vom Staat per Dekret angeordnet werden, sie beginnt in jeder Schule selbst. Staat und Schulverwaltung müssen jedoch Rahmenbedingungen schaffen, die den Schulen noch mehr Eigeninitiative ermöglichen und sie ermutigen, eigene Profile auszubilden und weiterzuentwickeln", erklärte die Kultusministerin. In dem Sinne sei der Innovationskongress ein Ideenpool, eine Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch und Basis für eine dauerhafte und kontinuierliche Entwicklung. Zur Forcierung dieses Prozesses habe das Kultusministerium „Koordinatoren für Schulentwicklung" eingesetzt, die bei den Ministerialbeauftragten und bei den Regierungen angesiedelt seien und den Erfahrungsaustausch fördern sowie unterstützend tätig sein sollen. Die Ministerin kündigte an, den Gestaltungsfreiraum der Schulen erweitern zu wollen. Ein erster Schritt sei bereits die Budgetierung für Berufsschulen und Gymnasien. Hinzu kommen sollen nun auch Spielräume in den Stundentafeln, die der einzelnen Schule mehr Eigenentscheidungsmöglichkeiten geben. Außerdem soll den Schulen mehr als bisher die Möglichkeit eingeräumt werden, bei der Auswahl ihrer Lehrkräfte mitzuwirken. Hierzu werde an den Berufsschulen ab Mai ein Pilotprojekt gestartet.


Als Kern der inneren Schulentwicklung bezeichnete Hohlmeier die Sicherung und Steigerung der Unterrichtsqualität. Interne und externe Evaluation solle den Schulen Grundlagen für konkrete Maßnahmen zur Verbesserung des Unterrichts verschaffen. Hilfestellungen könnten zum Beispiel Unterrichtsbeobachtung durch andere Lehrkräfte oder schulinterne und schulübergreifende Workshops zur Reflexion und Verbesserung des Unterrichts bieten. Aufschlüsse könnten ferner interne oder externe Tests sowie die Befragung von Lehrkräften, Schülern und Eltern geben. „Evaluation soll zur Daueraufgabe werden, so dass eine ständige Rückkopplung stattfindet, ob die Maßnahmen, die zur Verbesserung der Unterrichtsqualität ergriffen werden, auch wirklich fruchten." Außerdem sollen z. B. die bestehenden Formen der Leistungsbeurteilung kritisch überprüft werden. Im Mittelpunkt müsse weniger das punktuelle als vielmehr das nachhaltige Lernen der Schülerinnen und Schüler stehen. „Es gilt, eine neue Anerkennungskultur für fachliche, aber auch soziale Leistungen von Schülern zu entwickeln", so die Ministerin. Angelpunkt für die Qualität des Unterrichts sei die Professionalität der Lehrkräfte. Lehreraus-, -fort- und Weiterbildung seien daher das wichtigste Instrument, die Kompetenz und Motivation der Lehrkräfte aufrecht zu erhalten und zu steigern. Für diesen Zweck wolle sie in den kommenden Haushaltsverhandlungen eine entsprechende Aufstockung der Finanzmittel erreichen. Stärker als bisher sollen dann dezentrale Formen der Fortbildung gewählt werden.

Weiteres Kernstück der inneren Schulentwicklung sei die Stärkung der Eigenverantwortung von Schülerinnen und Schülern. „Moderner Unterricht sieht den Schüler als aktiv Lernenden und Mitgestaltenden des Unterrichts. Das reine Belehren gehört der Vergangenheit an", formulierte die Ministerin. Durch feste Schülersprechstunden und engagierte Wahrnehmung der Schülervertretung könnten Schülerinnen und Schüler das schulische Leben mitentwickeln. Die Ministerin sprach sich für eine schrittweise Entwicklung einer neuen Schulkultur aus, in der Schülerinnen und Schüler eigenständige Aufgaben übernehmen, die der Verbesserung der Schulgemeinschaft dienten.

Um zwischen Schule und Elternhaus einen Konsens über Werte und Erziehungsziele herzustellen, rief die Ministerin dazu auf, die Gesprächskultur zwischen Eltern und Lehrkräften zu vertiefen. Der pädagogische Konsens solle in einem Schulprogramm, an dem Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte mitarbeiten, schriftlich fixiert werden. Stärken will die Ministerin außerdem die Befugnisse des Schulforums. Dabei solle auch überlegt werden, wie z. B. die Kommunen, die örtliche Wirtschaft oder Einrichtungen der Jugendhilfe in die Arbeit einbezogen werden können. Damit das Bild der Eltern von Schule nicht bei den Erinnerungen an die eigene Schulzeit stehen bleibt, sollten außerdem „Tage des offenen Klassenzimmers" Normalität werden. All diese Überlegungen müssten jedoch mit Augenmaß angegangen werden. „Es kommt nicht darauf an, alles auf einmal anzupacken. Vernünftiger ist es, bei den Punkten anzusetzen, die jeder einzelnen Schule vordringlich erscheinen", so die Ministerin. „Schulentwicklung richtig verstanden führt nicht zu einer dauerhaften Mehrbelastung der Lehrer, sondern intensiviert die Kooperation zwischen allen Beteiligten, stärkt ein gutes Schulklima und unterstützt die Aufgabenbewältigung jedes einzelnen."

 

Dorothee Erpenstein
Pressesprecherin im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus