Pressemitteilung Nr. 007 vom 13.01.2020 Freistaat stellt sich erneut NS-Vergangenheit: Restitution von sechs Silberobjekten aus Beständen des Bayerischen Nationalmuseums

Kunstminister Bernd Sibler übergibt gemeinsam mit Generaldirektor des BNM Dr. Frank Matthias Kammel Edelmetallkunstwerke des Bayerischen Nationalmuseums an Erben

MÜNCHEN. Sechs Silberobjekte – einen Pokal und ein Gewürzgefäß sowie drei Leuchter und einen Kelch – gab Kunstminister Bernd Sibler heute zusammen mit dem Generaldirektor des Bayerischen Nationalmuseums (BNM) Dr. Frank Matthias Kammel an die rechtmäßigen Erben der ursprünglichen Besitzer Leo Marx sowie Anna und Prof. Dr. Karl Neumeyer zurück. Auch die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern Dr. h.c. Charlotte Knobloch nahm an der Restitution teil.

Die sechs Exponate gelangten in den Jahren 1939 und 1940 über das Städtische Leihamt München in den Bestand des BNM, nachdem sie im Zuge der Dritten Anordnung auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden ihren Besitzerinnen und Besitzern entzogen wurden.

Kunstminister Bernd Sibler betonte: „Mit jeder Restitution legen wir einerseits den Finger in eine tiefe Wunde, die das nationalsozialistische Regime hinterlassen hat. Andererseits wollen wir mit jeder Restitution auch ein sichtbares Zeichen setzen, dass wir uns unserer Verantwortung stellen und uns darum bemühen, in unserer Vergangenheit geschehenes Unrecht aufzuarbeiten und transparent zu machen. Die Provenienzforschung leistet hierzu einen entscheidenden und wertvollen Beitrag. Für den Freistaat ist selbstverständlich, dass Sammlungsobjekte im Bestand der staatlichen Museen und Sammlungen restituiert werden, wenn sie ihren früheren Eigentümern im Rahmen der NS-Verfolgung entzogen wurden.“

Dr. Michael Marx, Vertreter des Erben von Leo Marx, hob hervor: „Die vom BNM, Herrn Dr. Grimm und seiner Gruppe geleistete Arbeit ist ein wichtiger Teil Erinnerungskultur und heute wichtiger denn je. Die uns übergebenen Gegenstände haben einen hohen emotionalen Wert und wir werden sie in Ehren halten. Wir danken Ihnen.“ Prof. Dr. Peter Florian Neumeyer, Erbe von Anna und Prof. Dr. Karl Neumeyer, ergänzte: „There is a Russian proverb, ‘As the call, so the echo’. The call from the Bayerisches Nationalmuseum has been so kind, so generous, and so scrupulous in all respects, that it gives us a model for what should be our own echo in similar circumstances.”

Der Generaldirektor des BNM Dr. Frank Matthias Kammel betonte: „Jüngst beschied das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste einen von unserem Haus gestellten Projektantrag zur proaktiven Erbensuche positiv. Das macht mich froh und dankbar, weil wir auf diese Weise die rechtmäßigen Eigentümer nachgewiesenen Raubguts effektiv ausfindig machen können.“

Dr. h.c. Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, erklärte anlässlich der Restitution: „Der systematische Raub jüdischen Eigentums war ein entscheidendes Element im Unrecht des NS-Staates und zog sich von Münchner Wohnzimmern bis nach Auschwitz. Die Institutionen des demokratischen Staates stehen daher in der Pflicht, die gestohlenen Wertgegenstände an ihre rechtmäßigen Eigentümer oder deren Erben zurückzugeben. Es ist erfreulich und begrüßenswert, dass der Freistaat diese Verantwortung annimmt und mit gründlicher Provenienzrecherche noch Jahrzehnte nach Kriegsende Gerechtigkeit schafft.“

Die sechs Silberobjekte werden zur Restitution aus der Präsentation „Silber für das Reich. Silberobjekte aus jüdischem Eigentum im Bayerischen Nationalmuseum“ entnommen. Die Ausstellung zeigt insgesamt 112 Objekte der so genannten „Silberabgabe“ aus den Jahren 1939 und 1940 sowie die aktuellen Recherche-Ergebnisse der aktuell noch offenen Fälle. Mehr als 200 weitere Silberobjekte, die ebenfalls im Zuge der Silberabgabe in die Bestände des Museums gelangten, wurden bereits bis zum Jahr 1969 restituiert.

Bildmaterial steht Ihnen unter http://www.bayerisches-nationalmuseum.de/index.php?id=736 zur Verfügung.

Unter diesem Link können Sie ab Montag, den 13. Januar 2020, ca. 16.00 Uhr auch Fotos von der Veranstaltung abrufen.

Julia Graf, stellv. Pressesprecherin, 089 2186 2621

Dr. Helga Puhlmann, Leitung Öffentlichkeitsarbeit BNM, 089 211 24 270

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