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aviso 3 | 2014
Bayern-Südtirol
Resultate
Christian Wißler M. A.
ist in der Stabs-
abteilung Presse, Marketing und Kommu-
nikation der Universität Bayreuth für
Wissenschaftskommunikation verantwort-
lich.
Festrede und Laudatio
Übersetzungen von Dr. Thomas Brückner.
Die Texte können im Original und in
Übersetzung unter bigsas@uni-bayreuth.
de angefordert werden.
Zum Weiterlesen
Zuletzt erschienen auf Deutsch Ngu˜g
wa Thiong’os Werke »Im Haus des Hüters.
Jugendjahre«, »Träume in Zeiten des
Krieges. Eine Kindheit« und »Herr der
Krähen« (Roman) beim A1 Verlag.
V. Adams, Professorin Emerita an der
Cornell University in New York. Beim
Festakt in Bayreuth hielt sie die Laudatio,
als Expertin für Literaturen in Afrika ist
sie seit den 1980er Jahren ein regelmä-
ßiger Gast an der Universität Bayreuth.
Die renommierte
Literaturwissen-
schaftlerin schätzt vor allemauch die inno-
vative wissenschaftspolitische Kraft, die
in einer produktiven Rückbesinnung auf
die Vielfalt der sprachlichen und kulturel-
len Ressourcen Afrikas stecken kann. Ge-
meinsammit Kollegen habe Ngu˜g˜erfolg-
reich dafür gestritten, dass das English
Department an der University of Nairobi
abgeschafft und durch das Department
of Literature ersetzt wurde, das eine ein-
seitige Ausrichtung auf europäische Ko-
lonialsprachen von vornherein vermied.
Postkolonialismus als Sprungbrett
zur Weltliteratur
So sehr das Oeuvre von Ngu˜g˜wa Thi­
ong’o in der Auseinandersetzung mit
den besonderen Lebensverhältnissen
und Machtstrukturen in seiner afrika-
nischen Heimat gereift ist, so ist es den-
noch – oder besser gerade deshalb – nicht
allein auf diesen Kontext beschränkt. Der
kenianische Autor knüpft in seinem2012
erschienenen Essay »Globalectics: The-
ory and the Politics of Knowing« an den
von Goethe geprägten Begriff der Welt-
literatur an, um die eigene Vision einer
postkolonialen Literatur in einen literar-
historischen Kontext zu stellen und de-
ren globale Dimension herauszuarbeiten.
Dabei wendet er sich gegen das Miss-
verständnis, postkoloniale Literaturen
in afrikanischen Sprachen wollten sich
von weltweiten kulturellen Austausch-
prozessen abkapseln. »Tatsächlich ist der
Postkolonialismus nicht nur in der Drit-
ten Welt verortet. Sprichwörtlich in der
Intertextualität von Werken aus allen
Winkeln der Welt verwurzelt, ist seine
universale Tendenz seiner Beziehung
zum historischen Kolonialismus und
der Welt als seinem Theater inhärent«,
heißt es in »Globalectics«. So gelangt
der Autor zu dem Resümee: »Das Post-
koloniale ist vomWesen her etwas nach
außen Schauendes, etwas grundsätzlich
Internationales in seinem Innersten, was
Themen, Sprache und die intellektuelle
Bildung der Schriftsteller betrifft. Es
wäre sehr produktiv, betrachtete man
die Weltliteratur, obgleich nicht aus-
schließlich, durch die Postkolonialität.«
Bereits in seinem
Essay »Literature
and Society« hat Ngu˜g˜ wa Thiong’o der
Literatur einer jeden Nation einen uni-
versalen Bezug zuerkannt, der ihr gerade
aufgrund ihrer Funktionen innerhalb
eines regional begrenzten Wirkungsbe-
reichs zukomme: »Die Literatur einer
Nation, die die Gesamtsumme der Wer-
ke vieler Einzelner in dieser Gesellschaft
darstellt, ist dann nicht nur Widerspie-
gelung der kollektiven Wirklichkeit die-
ses Volkes, kollektive Erfahrung, sondern
verkörpert zugleich die Art und Weise,
in der diese Gemeinschaft dieWelt sieht
und ihren Platz in der Schaffung dieser
Welt bestimmt.«
An diese Überlegungen knüpfte auch
Professorin Anne V. Adams an, wenn
sie in ihrer Bayreuther Festrede erklärte,
wie es Ngu˜g˜ wa Thiong’o gelungen ist,
den Begriff der Weltliteratur aus den zeit-
bedingten Beschränkungen des 19. Jahr-
hunderts zu lösen und auf eine moderne
Vision postkolonialer Literatur im
21. Jahrhundert zu übertragen.
In der Verbindung von Weltliteraturen
aus unterschiedlichen Epochen zeigt sich,
dass auch Goethe nichts von seiner Ak-
tualität eingebüßt hat. 1827 erklärte er
gegenüber seinem Freund Eckermann:
»National-Literatur will jetzt nicht viel
sagen, die Epoche der Welt-Literatur ist
an der Zeit und jeder muss jetzt dazu
wirken, diese Epoche zu beschleunigen.«
Dabei war der Alte in Weimar freilich
pragmatisch genug, um einzuräumen,
dass dieser Weg zur »Welt-Literatur«
weder zur Beseitigung kultureller Eigen-
heiten führe noch auf einen wechselseiti-
gen Enthusiasmus hinauslaufen müsse.
Im Hinblick auf zwei neu gegründete
englischsprachige Zeitschriften notierte
er1828(»ÜberKunstundAltertum«VI2):
»Diese Zeitschriften, wie sie sich nach
und nach ein größeres Publikum gewin-
nen, werden zu einer gehofften allgemei-
nenWeltliteratur auf das wirksamste bei-
tragen; nur wiederholen wir, dass nicht
die Rede sein könne, die Nationen sollen
überein denken, sondern sie sollen nur
einander gewahr werden, sich begreifen,
und wenn sie sich wechselseitig nicht
liebenmögen, sich einander wenigstens
dulden lernen.«
links
Ausdruck der engen Zusammenarbeit: Ihre Partnerschaft bekräftigten die sieben in BIGSAS vernetzten
Präsidenten und Rektoren für ihre Universitäten auf einer gemeinsam unterzeichneten Urkunde.
daneben
Kein alltägliches Familientreffen: Die Alumni der Bayreuth International Graduate School of African
Studies waren anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde zu ihrer oberfränkischen Alma Mater
zurückgekehrt.
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